Laschet steckt in Berlin sein Revier ab
Er werde für NRW in Berlin auch Konflikte riskieren, versprach Armin Laschet (CDU) im Landtags-Wahlkampf. Man kann darüber streiten, ob seine kohlefreundliche Energiepolitik im Interesse des Landes liegt. Unstrittig aber ist, dass Laschet Wort hält und in Berlin schon bei der ersten Gelegenheit Krach schlägt. Er will seine Kohlepolitik auch auf Bundesebene durchsetzen. Weil sie Jobs sichert und weil er dafür gewählt worden ist. Laschet spricht Klartext: Die Grünen können ihr ÖkoProgramm weitgehend vergessen, sonst gibt es keine Koalition. So knallhart haben ihre Positionen bislang sonst nur Christian Lindner (FDP) und Jürgen Trittin (Grüne) vertreten. Wohltuende Ausnahmen im aktuellen Sondierungs-Singsang.
Im Konzert der NRW-Interessen ist die Energiepolitik aber nur ein Detail. Laschet hat im Wahlkampf auch versprochen, den ländlichen Raum zu stärken. In internen Papieren der NRW-Regierung für die Verhandlungen heißt es nun plötzlich, die Förderung des Ruhrgebietes sei wichtiger. Auch gegen die Maut will Laschet nicht mehr ankämpfen. Und die verhassten Pannenreaktoren in Doel und Tihange sollen unter Auflagen weitermachen dürfen. Das irritiert. Und relativiert Laschets starken Auftakt. BERICHT NRW STELLT JAMAIKA-KOALITION . . ., TITELSEITE
Existenzängste
Die Transfergesellschaft ist gescheitert, vielen Air-Berlin-Mitarbeitern droht die Kündigung. Spielt es da eine Rolle, wer mehr Schuld hat? Die Politik oder das Unternehmen?
Nein. Das alles ist für jeden Air-Berlin-Mitarbeiter in dem Moment irrelevant, wo er den Gang zum Arbeitsamt antreten muss. Da geht es um die Existenz, darum, ob man die Familie auch noch in einem Jahr ernähren kann. Insolvenzen sind für alle Beteiligten schmerzhaft, in einer Marktwirtschaft aber unumgänglich. Sie können allerdings politisch begleitet werden, um die Auswirkungen für die Betroffenen abzufedern. So wie es die Bundesregierung noch im August getan hat, als man Air Berlin 150 Millionen Euro bereitstellte, um den Betrieb aufrecht zu halten und Urlauber nach Hause zu holen. Der ganz große Einsatz bleibt seitdem aber aus – die Gespräche über eine Transfergesellschaft wurden auf Arbeitsebene geführt und nicht von der Kanzlerin oder den Ministerpräsidenten. Die Frage ist darum nicht, wer Schuld hat. Die Frage ist, ob die Gespräche auch gescheitert wären, wenn eine Wahl bevorstünde. BERICHT AIR BERLIN: KÜNDIGUNGEN DROHEN AB . . ., TITELSEITE
Steinmeiers Offensive
Die andauernde Eiszeit zwischen der Europäischen Union und Russland schadet beiden Seiten. Daher war es richtig von Bundespräsident Steinmeier, nach Russland zu reisen, dabei auch das Gespräch mit Präsident Putin zu suchen und für bessere Beziehungen zu werben. Die gegenseitigen Wirtschaftssanktionen sind spürbar, aber nicht das größte Problem in den zerrütteten Beziehungen. Vielmehr ist es die Unfähigkeit, in großen internationalen Krisen Absprachen zu treffen und damit jeweils die eigenen Interessen zu wahren.
In einer Welt, in der die USA nicht mehr als Anführer des Westens gelten, müssen auch Europa und Russland ihr Verhältnis neu ausloten. Deutschland und die EU müssen einen Weg finden, mit Russland wieder Beziehungen zu pflegen, freilich ohne dadurch die Annexion der Krim eines Tages doch stillschweigend zu akzeptieren. Es wird auch nicht reichen, immer nur zu rufen: Das war völkerrechtswidrig. Ein solcher Vorwurf nutzt sich schnell ab. Ohne sichtbare Zeichen Russlands, die weiter gehen als die Rückgabe einer Kirche, wird die Annäherung nicht funktionieren. BERICHT