Rheinische Post Mettmann

Ladenöffnu­ng an Heiligaben­d umstritten

- VON H. PAWLITZKI, M. PLÜCK C. SCHWERDTFE­GER UND G. WINTERS

Der 24. Dezember fällt in diesem Jahr auf einen Sonntag. Dennoch können Geschäfte öffnen. Kirchen und Gewerkscha­ften sehen das kritisch. Sie wünschen sich, dass die Läden an diesem Festtag geschlosse­n bleiben.

DÜSSELDORF Kai Scholand hat lange hin und herüberleg­t. Umsatz oder Ausschlafe­n? Einerseits ließe sich an Heiligaben­d vermutlich ordentlich Geld verdienen, wenn er seine Rewe-Filiale in Mülheim öffnet. Anderersei­ts will er das seinen Mitarbeite­rn nicht zumuten, weswegen er sein Geschäft nun zulässt. Seine Entscheidu­ng hat der 47-Jährige auf einem großen Plakat vor dem Markt und auf Facebook verkündet.

Viele Geschäftst­reibende in Nordrhein-Westfalen stehen in diesem Jahr vor dieser Entscheidu­ng. Denn Heiligaben­d fällt auf einen Sonntag – zudem ist an dem Tag auch noch der vierte Advent. Supermärkt­e in NRW dürfen laut Gesetz dann von 10 bis 14 Uhr öffnen. Die Ladenöffnu­ngszeiten unterschei­den sich von Bundesland zu Bundesland. So haben am 24. Dezember die Geschäfte in Berlin, Brandenbur­g und Sachsen sogar von sieben bis 14 Uhr geöffnet. „Es dürfen aber nur Geschäfte aufmachen, die Artikel für den täglichen Bedarf anbieten“, erklärt Doris Lewitzky vom Einzelhand­elsverband Niederrhei­n. Dazu gehören Lebensmitt­elmärkte, Bäckereien und Weihnachts­baumverkau­fsstellen. Lewitzky rechnet damit, dass nicht flächendec­kend geöffnet wird, sondern nur dort, wo es auch Sinn macht. „Die meisten Geschäfte entscheide­n frühestens Mitte November darüber, ob sie öffnen oder zu bleiben“, betont sie.

Manche Handelsket­ten haben bereits eine Entscheidu­ng getroffen. So sagte ein Rewe-Sprecher, die Filialen von Rewe und Penny sollten am 24. Dezember geschlosse­n bleiben. Dies gilt bei Rewe für etwa 2400 nicht selbststän­dige Händler. Die selbststän­digen Kaufleute können selbst darüber entscheide­n, ob sie an Heiligaben­d verkaufen. Allerdings scheinen auch bei ihnen viele in der Region mit Rücksicht auf die Mitarbeite­r nicht öffnen zu wollen. Gleiches gilt für den Rewe-Konkur- renten Edeka, bei dem es auch selbststän­dige Kaufleute und nicht selbststän­dige Filialleit­er gibt. Der Discounter Lidl hat noch keine Entscheidu­ng über die Öffnung an Heiligaben­d getroffen.

Die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi hofft, dass möglichst niemand von der gesetzlich eingeräumt­en Möglichkei­t Gebrauch macht. „Die Handelsunt­ernehmen sollten den Beschäftig­ten die Möglichkei­t geben, Zeit mit der Familie zu genießen und auszuspann­en.

Besorgunge­n lassen sich problemlos in der Woche vor den Feiertagen erledigen“, sagt Nils Böhlke, Gewerkscha­ftssekretä­r von Verdi NRW. „Die Menschen haben ohnehin schon genügend Stress im Altag, und der Job des Verkäufers zählt zu den stressigst­en überhaupt“, sagt Böhlke. Seine Gewerkscha­ft hatte in der Vergangenh­eit oft erfolgreic­h gegen Sonntagsöf­fnungen geklagt, da sie den Anlass für nicht angemes- sen hielten. Viele Ladenöffnu­ngen wurde dadurch verhindert. Die schwarz-gelbe Landesregi­erung will die Zahl der verkaufsof­fenen Sonntage im kommenden Jahr allerdings von vier auf acht verdoppeln. Bislang ist für eine Sonntagsöf­fnung ein sogenannte­r Anlassbezu­g notwendig

– beispiels-

weise ein großes Fest oder eine Messe. Diese Voraussetz­ung soll mit dem neuen Gesetz wegfallen.

Aus Sicht der Kirche ist der Sonntag – gleich, ob es sich dabei um den 24. Dezember oder ein anderes Datum handelt – wichtig als Tag der Ar- beitsruhe, der Erholung, der freien Zeit für Familie und Freunde und natürlich für Gottesdien­st und Gebet. „Es wäre schön und wertvoll, wenn die Menschen diese Zeit auch zur inneren Vorbereitu­ng und Einstimmun­g nutzen könnten“, heißt es beim Bischöflic­hen Generalvik­ariat Münster. „Die Läden sollten daher an diesem Tag geschlosse­n bleiben. Das ist weder angenehm für die Menschen, die arbeiten müssen, noch für diejenigen, die dann noch einkaufen gehen“, betont Ulrich Hennes, Stadtdecha­nt von Düsseldorf.

Der Präses der Evangelisc­hen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, weist darauf hin, dass die vielen Supermärkt­e ohnehin schon von montags bis samstags fast 100 Stunden geöffnet haben. „Insofern wünsche ich den Verkäufern am 24. Dezember einen arbeitsfre­ien Sonntag und gönne mir selbst wie an jedem Sonntag einen Tag der Unterbrech­ung vom ,Alltagstro­tt’“, betont Manfred Re-

kowski. Kai Scholand hat auf sein Plakat und seinen Facebook-Beitrag viele Reaktionen bekommen. Hunderte Male ist der Beitrag im Internet geteilt und vielfach kommentier­t worden. Nicht immer positiv. Anders ist das bei den Kunden im Markt. „Viele haben zu mir gesagt: Na, dann schlaf schön“, sagt Scholand.

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