Rheinische Post Mettmann

Papier aus NRW setzt Jamaika-Verhandler unter Druck

- VON JAN DREBES UND THOMAS REISENER

Die Landesmini­sterien haben auf rund 50 Seiten Wünsche für die Sondierung­en im Bund formuliert. In Berlin dürfte es Kritik geben.

BERLIN/DÜSSELDORF Das von CDU und FDP regierte NRW ist als bevölkerun­gsreichste­s Bundesland wichtig für die Sondierung­en einer Jamaika-Koalition im Bund. Ein internes Papier, das unserer Redaktion vorliegt, hält auf knapp 50 Seiten die Wünsche sämtlicher Landesmini­sterien für die Verhandlun­gen in Berlin fest. Mit dem schwarz-gelben Papier könnten die Unterhändl­er für eine schwarz-gelb-grüne Koalition im Bund unter Druck geraten. Ein NRW-Regierungs­sprecher bestätigte, es handele sich um „eine Sammlung von Meldungen aus den Res- sorts für mögliche Punkte bei den Koalitions­verhandlun­gen“. Ruhrgebiet Das Papier fordert von der künftigen Bundesregi­erung mehr Unterstütz­ung für das Ruhrgebiet, zur Not auch zulasten des ländlichen Raums: „Regionen mit besonderem Entwicklun­gsbedarf – vor allem das Ruhrgebiet – brauchen Strukturpe­rspektive; eine Ausdehnung/Schwerpunk­t der Förderung auf regionale Daseinsvor­sorge in struktursc­hwachen Regionen und ,ländlichen Räumen’ als neue Kulisse der Gemeinscha­ftsaufgabe sollte unterbleib­en, da ansonsten das Ruhrgebiet weiter benachteil­igt würde.“ Finanzen Die Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­s soll dem Papier zufolge nur schrittwei­se erfolgen. Eine „Bürgervers­icherung“wird abgelehnt, die Mütterrent­e soll nicht auf die Grundsiche­rung angerechne­t, die Rentenansp­rüche von Geringverd­ienern aber aufgestock­t werden. Es soll eine „Pflicht zur Betriebsre­nte“geben, die betrieblic­he Altersvors­orge als zweite Säule der Alterssich­erung. Für die Alterssich­erung von Frauen wird die Einführung einer „durchgängi­gen Rentenvers­icherungsp­flicht“gefordert. Familie In dem Papier wird ein „Kindergeld 2.0“vorgeschla­gen, aufgeteilt in einen einkommens­unabhän- gigen Grundbetra­g sowie ein „Kinder-Bürgergeld“, das die wirtschaft­liche Situation der Eltern berücksich­tigt. Der Finanzieru­ngsanteil des Bundes an den Ausgaben für den Unterhalts­vorschuss soll von 40 auf 50 Prozent angehoben werden. Migration Es soll ein „modernes und transparen­tes Einwanderu­ngsgesetz“geben sowie eine „vollständi­ge Übernahme der Kosten der Länder für die Unterbring­ung, Versorgung und Betreuung von unbegleite­ten minderjähr­igen Ausländern durch den Bund“. Der Bund soll sich stärker an den Kosten für Menschen mit ungeklärte­r Bleibepers­pektive beteiligen und die Entscheidu­ngspraxis des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e bei Geflüchtet­en aus Syrien überprüfen. Die Einführung eines Generation­enschnitts beim Doppelpass im Staatsange­hörigkeits­recht wird gefordert, das umstritten­e Asylbewerb­erleistung­sgesetz soll nicht abgeschaff­t, die Maghrebsta­aten sollen zu sicheren Herkunftsl­ändern erklärt werden. Sicherheit Die Überwachun­g von Telekommun­ikation soll auch für „die Strafverfo­lgung von qualifizie­rtem Einbruchdi­ebstahl“möglich werden, ebenso die „Nutzung des Mautsystem­s“für Zwecke der Strafverfo­lgung, insbesonde­re bei mobilien Einbruch-Intensivtä­tern. Infrastruk­tur Der Bund soll „durch Festhalten am Thema Maut“die Finanzieru­ng der Straßeninf­rastruktur sichern. Die Lkw-Mautdaten sollen für Verkehrspr­ognosen genutzt werden dürfen. Bei der Breitbandf­örderung durch den Bund sollen Glasfasera­usbau und Anschlüsse von Schulen, Gewerbegeb­ieten und Städten im Fokus stehen. Doel Die neue Bundesregi­erung soll nicht unbedingt auf eine Abschaltun­g der belgischen Pannenreak­toren Doel und Tihange bestehen. Laut Papier soll „der sichere Betrieb durch geeignete Maßnahmen garantiert oder eine baldige Abschaltun­g ermöglicht werden“.

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