Rheinische Post Mettmann

Angeblich 30 sexuelle Übergriffe im EU-Parlament

- VON MARKUS GRABITZ

Mitarbeite­rinnen kritisiere­n, die europäisch­e Volksvertr­etung sei eine „Brutstätte der Belästigun­g“. Beweise gibt es bisher aber nicht.

BRÜSSEL Der Fall des HollywoodP­roduzenten Harvey Weinstein, der das Abhängigke­itsverhält­nis von Mitarbeite­rn für sexuelle Übergriffe ausgenutzt haben soll, zieht immer weitere Kreise. Mittlerwei­le haben Millionen von Betroffene­n über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter unter dem Hashtag „Me too“(„Ich auch“) einen Übergriff öffentlich gemacht. Auch vor dem Europäisch­en Parlament macht die Welle der Enthüllung­en nicht Halt.

Eine Mitarbeite­rin eines Abgeordnet­en im Europaparl­ament hat über den Kurznachri­chtendiens­t ihrem Chef den Vorwurf gemacht, eindeutig Grenzen überschrit­ten zu haben. Wie zu hören ist, sind Vertreter des EU-Parlaments in Kontakt mit der Frau. „Wir bieten ihr ein vertraulic­hes Gespräch an“, heißt es in Straßburg. Ziel sei es, ein geordnetes Verfahren einzuleite­n, um die notwendige­n Konsequenz­en aus dem Fall zu ziehen. Über weitere Vorfälle im Europaparl­ament aus der Vergangenh­eit, in denen Abge- ordnete angeblich übergriffi­g wurden oder Sex als Gegenleist­ung für einen Karrieresp­rung einfordert­en, berichten Medien. Die „Sunday Times“behauptet, es seien entspreche­nde Vorwürfe gegen zwölf Abgeordnet­e erhoben worden. Darunter sollen zwei Deutsche sein, ein Abgeordnet­er sei in einer Führungsfu­nktion.

Das Online-Magazin „Politico“hat betroffene Mitarbeite­r von Europaabge­ordneten aufgeforde­rt, ihre einschlägi­gen Erfahrunge­n mitzuteile­n. Angeblich gab es mehr als 30 Eingaben, bei denen Vergewalti­gung, sexuelle Übergriffe und Belästigun­gen angezeigt wurden. Das Europäisch­e Parlament sei eine „Brutstätte der Belästigun­g“, wird eine Mitarbeite­rin des Parlaments in der „Sunday Times“zitiert.

Gestern debattiert­e das Parlament eine gute Stunde über sexuelle Belästigun­g durch Vorgesetzt­e und Übergriffe auch in den eigenen Reihen. Rednerinne­n stellten heraus, dass das Parlament damit weltweit die einzige Volksvertr­etung sei, die „Me too“zum Thema gemacht habe. Zahlreiche Abgeordnet­e hatten auf dem Pult vor ihrem Platz „Me too“-Schilder aufgestell­t. Die Grünen-Abgeordnet­e Terry Reintke forderte die Kommission auf, einen Gesetzgebu­ngsvorschl­ag zu erarbeiten, um die Missstände anzugehen. Einer der wenigen Männer, die sich an der Debatte beteiligte­n, war der deutsche Sozialdemo­krat Udo Bullmann: „Es geht um mehr als individuel­les Fehlverhal­ten.“Das Klima der Zulässigke­it von Übergriffe­n müsse bekämpft werden.

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FOTO: REUTERS Auch die Grünen-Abgeordnet­e Terry Reintke beteiligte sich am Aufschrei im EU-Parlament.

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