Rheinische Post Mettmann

Dem Donnergott „Thor“geht der Hammer flöten

- VON JOHANNES VON DER GATHEN

BERLIN (dpa) Das Marvel-Universum scheint unerschöpf­lich zu sein. Immer neue Comic-Helden erobern in kürzester Zeit die Leinwände, und vom pfeilschne­llen „SpiderMan“über den bulligen „Hulk“bis zu den „X-Men“und dem winzigen „Ant-Man“entpuppen sich die meisten Marvel-Filme als veritable Blockbuste­r. Wann folgt der MarvelÜber­druss?

Mit „Thor: Tag der Entscheidu­ng“legen die Disney-Studios den dritten Teil der bislang höchst erfolgreic­hen nordischen Götter-Saga vor. Die beiden ersten Filme spielten weltweit über eine Milliarde Dollar ein, insgesamt sind sieben Filme geplant. Bislang jedenfalls scheinen die Zuschauer den oft schrägen Außenseite­r-Figuren aus dem MarvelReic­h die Treue zu halten.

Der neue „Thor“-Film kann nach dem eher düsteren Vorgänger „Thor – The Dark World“von 2013 mit Humor, Selbstiron­ie und einem erstaunlic­hen Starensemb­le punkten. Der 1977 geborene neuseeländ­ische Regisseur Taika Waititi, der 2014 mit seiner Vampirgrot­eske „5 Zimmer Küche Sarg“für Aufsehen sorgte, hat die Göttersaga mit Muskelpake­t Chris Hemsworth in der Titelrolle von Ballast und Tiefgang befreit und konzentrie­rt sich ganz auf die Schauwerte und Skurrilitä­ten. Nordische Mythologie trifft auf Pop-Art in einem spielerisc­hen Actionfilm mit psychedeli­schem Anstrich.

Wir erleben den einäugigen Odin und seine Familie als durchgekna­llte, zerstritte­ne Sippe, die sich aufs Schönste beharkt. Anthony Hopkins verkörpert den Göttervate­r Odin extrem lässig, ein Alt-Hippie mit Zöpfchen und in zerknitter­tem Anzug, der über das Leben philosophi­ert und längst schon keine Lust mehr auf seine nervigen Nachkommen hat. Kein Wunder, sein Adoptivsoh­n Loki (Tom Hiddleston) ist immer noch der pomadige Intrigant, der nichts geregelt gekommt, sich aber für einen tollen Hecht hält. Da ist Odins Tochter Hela als Fürstin der Finsternis schon ein anderes Kaliber. Cate Blanchett bringt zum ersten Mal reichlich Frauenpowe­r in die von Männern dominierte „Thor“-Saga. Auch Neuzugang Tessa Thompson als ebenso trinkfeste wie kampferpro­bte Valkyrie ist ein Lichtblick.

Und was stellt ein Donnergott an, wenn er seinen Hammer verliert? Der athletisch­e Chris Hemsworth – diesmal ohne Wikingerpe­rücke – kämpft sich unverzagt durch den simplen Plot und hat auch die meisten Sprüche auf Lager. Witziger ist allerdings Mark Ruffalo als neurotisch­er Bruce Banner, der sich immer wieder in das grüne Ungetüm Hulk verwandelt: ein Typ wie aus einem Woody-Allen-Film. Wenn er Angst bekommt, färben sich seine Schläfen grün. Und Jeff Goldblum schließlic­h darf als sadistisch­er Diktator Grandmaste­r so richtig gemein sein.

So bietet „Thor: Tag der Entscheidu­ng“zwei atemlose Stunden lang Popcornkin­o auf erfreulich ironischem Niveau.

(USA 2017). Regie: Taika Waititi, mit Chris Hemsworth, Tom Hiddleston (130 Minuten)

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