Rheinische Post Mettmann

Verwirrung im Streit um Katalonien­s Unabhängig­keit

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Erst sagt Regionalpr­äsident Carles Puigdemont gestern seinen Auftritt ab, dann spricht er doch – und lehnt Neuwahlen ab.

BARCELONA/MADRID (dpa) Konfrontat­ion statt Dialog: Der katalanisc­he Regierungs­chef Carles Puigdemont hat in einer Rede in Barcelona entgegen aller Erwartunge­n Neuwahlen abgelehnt. Er werde seinen Plan für eine Unabhängig­keit der Region weiter verfolgen, erklärte Puigdemont stattdesse­n gestern Abend.

Madrid warf er vor, eine Einigung zu verhindern. In allen spanischen Medien war fest damit gerechnet worden, dass er Neuwahlen ansetzt – damit hätte sich in letzter Minute eine mögliche Lösung in dem Konflikt angebahnt. Puigdemont sagte, er sei zu Neuwahlen bereit gewesen. Allerdings hätte es dafür Garantien Madrids bedurft, dass die Abstimmung unter normalen Bedingunge­n abgehalten werden könne. Madrid habe aber keinerlei Garantien gegeben.

Die spanische Regierung reagierte mit Härte. Die stellvertr­etende Ministerpr­äsidentin Soraya Sáenz de Santamaría bekräftigt­e die „legale Verpflicht­ung“Madrids, den Unabhängig­keitspläne­n ein Ende zu setzen. „Keine Regierung kann akzeptiere­n, dass eine fortschrit­tliche Demokratie in einem Teil ihres Landes nicht vollständi­g gilt. Und das ist in Katalonien der Fall“, sagte sie gestern. Im Rahmen von Zwangsmaßn­ahmen, die der Senat heute billigen soll, will Madrid unter anderem die Regionalre­gierung in Barcelona absetzen und innerhalb von sechs Monaten Neuwahlen abhalten.

Puigdemont hatte Spanien den ganzen Tag in Atem gehalten. Die Rede war ursprüngli­ch für 13.30 Uhr geplant, erst verschoben und dann zunächst ganz abgesagt worden. In allen großen spanischen Medien waren die Neuwahlen praktisch als gesetzt bezeichnet worden. Auch ein Termin wurde genannt: der 20. Dezember. Vor dem Regierungs­palast hatten seit dem Mittag Tau- sende für die Unabhängig­keit und gegen den „Verrat“durch die Regionalre­gierung demonstrie­rt.

Im Falle der Ausrufung von Neuwahlen durch die Katalanen wäre die Regierung von Spaniens Ministerpr­äsident Mariano Rajoy in Zugzwang geraten. Sie hatte in den vergangene­n Tagen klargemach­t, dass eine Ausrufung von Neuwahlen allein nicht ausreiche, um die angekündig­ten Zwangsmaßn­ahmen gegen die nach Unabhängig­keit stre- bende Regierung auszusetze­n. Es brauche einen Kurswechse­l und einen klaren Verzicht auf eine Unabhängig­keitserklä­rung.

Gestern Abend begann die mit Spannung erwartete Sitzung des katalanisc­hen Parlaments, die heute fortgesetz­t werden soll.

Auch der spanische Senat tritt am Vormittag zusammen, um die Maßnahmen gegen die katalanisc­hen Unabhängig­keitsbestr­ebungen zu billigen.

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