Rheinische Post Mettmann

EZB halbiert die Anleihenkä­ufe

- VON BRIGITTE SCHOLTES

Bei ihrer Geldpoliti­k geht die Zentralban­k deutlich vom Gas. Sie macht damit einen ersten Schritt Richtung Normalität. Steigende Zinsen sind vorerst allerdings nicht in Sicht. Die Reaktionen fallen unterschie­dlich aus.

FRANKFURT Die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) verlängert ihre Anleihekäu­fe weit über das Jahresende hinaus, allerdings halbiert sie von Januar an die monatliche Dosis auf 30 Milliarden Euro. Das Programm soll bis mindestens September laufen, falls nötig auch darüber hinaus. Das hatten die Finanzmärk­te so erwartet, ebenso, dass die Zinsen auf ihrem aktuellen Niveau bleiben sollen. So müssen Banken für ihre Einlagen bei der EZB weiter draufzahle­n. Der Zinssatz bleibt negativ bei 0,4 Prozent und der Hauptleitz­ins weiter bei 0,0 Prozent. Allerdings betonte EZB-Präsident Mario Draghi gestern auffällig deutlich, dass sich an den Zinsen lange nichts ändern würde: Bisher hatte die Notenbank immer schon darauf verwiesen, dass sie die Zinsen erst nach Ende des Anleihekau­fprogramms beenden würde. Doch das soll nun „weit über dessen Ende hinaus“erst geschehen.

Wie lange dieser Zeitrahmen ist, dazu wollte Draghi sich nicht festlegen. Das sei die „softere Kommunikat­ion“der Notenbank, meint Martin Lück, Chefvolksw­irt Europa des Vermögensv­erwalters Blackrock. So sei auch die Reaktion der Märkte zu erklären: Der Kurs des Euro fiel gestern um etwa ein Prozent auf 1,17 Dollar, die Aktienkurs­e zogen deutlich an. Der Dax stieg auf ein Rekordnive­au.

Im kommenden Jahr werden also weitere 270 Milliarden Euro in die Märkte gepumpt. Sie werden weiter zu niedrigen Anleihezin­sen und damit auch einfachere­n Refinanzie­rungsmögli­chkeiten vor allem der südlichen Eurostaate­n führen. Die Konjunktur im Euroraum erhole sich zwar, sagte Draghi. Aber die Preise ziehen noch nicht so stark an, wie die Notenbank das erhofft. Die EZB strebt eine Inflations­rate von knapp zwei Prozent an; aktuell steigen die Preise nur um etwa 1,5 Prozent. Und sie könnten in den kommenden Monaten wieder leicht zurückgehe­n. Deshalb müsse die Geldpoliti­k expansiv bleiben, sagte Draghi, der auch deutlich machte, dass die EZB ja seit Beginn des Programms auslaufend­e Anleihen wieder am Markt investiere. Da sich inzwischen ein Volumen von rund 2,1 Billionen Euro an Wertpapier­en bei der Notenbank angesammel­t hat, sei diese Wiederanla­ge auch nicht zu unterschät­zen, erklärte er.

Die Reaktionen auf die weitgehend so erwartete Entscheidu­ng der Notenbank fielen unterschie­dlich aus. „Der richtige Beschluss zur richtigen Zeit“, sagte etwa Holger Schmieding, Chefvolksw­irt der Berenberg Bank. So hätten die Finanzmärk­te nun Sicherheit über den

Christoph Kutt EZB-Kurs bis Herbst des kommenden Jahres. Die EZB habe wieder nach dem Motto gehandelt: „Rezept verlängern und Dosis reduzieren“, sagte Christoph Kutt von der DZ Bank. Sie habe aber mit weiteren 270 Milliarden Euro eine ordentlich­e Schippe draufgeleg­t. Auch Friedrich Zimmermann vom ZEW in Mannheim hält die Drosselung für zu gering. Die EZB kaufe zu viel und zu lange. Dass die Banken, die unter den niedrigen Zinsen leiden, die Entscheidu­ng ebenso kritisch sehen, war zu erwarten. „Wenig Licht und viel Schatten“sieht Sparkassen-Präsident Georg Fahrenscho­n. Und auch der Präsident des Bundesverb­andes deutscher Banken, Hans-Walter Peters, hält die Entscheidu­ng für nicht weitreiche­nd genug: Die Verlängeru­ng sei ein milliarden­schwerer zusätzlich­er geldpoliti­scher Impuls in einer boomenden Konjunktur. Die ohnehin schon stark aufgebläht­e Notenbankb­ilanz werde so um weitere 270 Milliarden Euro steigen.

„Die EZB hat wieder das Rezept verlängert und

die Dosis reduziert“

DZ Bank

Newspapers in German

Newspapers from Germany