Rheinische Post Mettmann

Deutsche Bank beerdigt Sal. Oppenheim

- VON BRIGITTE SCHOLTES UND GEORG WINTERS

Der Name der Kölner Privatbank erlischt nach fast 230 Jahren. Was von dem ruhmreiche­n Unternehme­n übrig bleibt, geht in Deutsche-Bank-Abteilunge­n über. Die größte deutsche Bank steigert ihren Gewinn deutlich.

FRANKFURT Tradition bringt nicht automatisc­h Erfolg und ist insofern keine Bestandsga­rantie: Nach 228 Jahren steht der Name des traditions­reichen Kölner Bankhauses Sal.Oppenheim vor dem Aus. Das Unternehme­n war Jahrhunder­te ein Synonym für diskrete Vermögensb­eratung reicher Privatkund­en. Dann kamen die Probleme um den Handelskon­zern Arcandor, in dessen Sog Oppenheim selbst in die Krise geriet; mehrere Manager standen vor Gericht, einige von ihnen wurden verurteilt. Da war das Geldhaus aber längst für mehr als eine Milliarde Euro von der Deutschen Bank übernommen worden.

Dieselbe Deutsche Bank braucht den Namen Sal.Oppenheim nun nicht mehr. Die Vermögensv­erwaltung der Kölner geht an die Deutsche Asset Management, für die durch die Integratio­n des Oppenheim-Teils ein höherer Preis beim Börsengang rausspring­en soll. Die vermögende­n Privatkund­en sollen in Zukunft vom Wealth Management der Deutschen Bank bedient werden.

Die Oppenheims­che Unabhängig­keit, auf die einst so viel Wert gelegt worden war, brauchte bei der Deutschen Bank schon lange niemand mehr. Sie hatte Sal. Oppenheim seinerzeit aus dem Loch geholfen, in das die Privatbank durch die Finanzkris­e gefallen war. Im April 2009 meldete das Unternehme­n nach Fehlspekul­ationen im Handel erstmals Verluste, dann schossen die Familienge­sellschaft­er 200 Millionen Euro ein und gaben schließlic­h noch mal etwa 300 Millionen, die sie über die Deutsche Bank finanziert­en. Das unrühmlich­e Ende des Handels- und Touristikk­onzerns Arcandor war das Tüpfelchen auf dem i. Erst stieg Oppenheim ein, dann gab die Bank Arcandor Kredit, dann kaufte sie Made

leine Schickedan­z Anteile ab. Am Ende konnte nichts die Arcandor-Insolvenz verhindern.

Das Ende des Namens Sal.Oppenheim war von Experten erwartet worden, im Grunde schon seit dem Frühjahr, aber wenn es offiziell erklärt wird, dann ist es doch ein Einschnitt. „Dieser Schritt ist uns schwer gefallen“, erklärte Deutsche- Bank-Chef John Cryan gestern, „leider ist es jedoch nie gelungen, die Marke Sal. Oppenheim wieder zu alter Stärke zurückzufü­hren.“Und genau das ist es ja, was die Deutsche Bank selbst will: zurück zu alter Stärke.

Auf dem Weg dahin hat sie einen Schritt gemacht – wenngleich dies weniger der eigenen Ertragsstä­rke zu verdanken ist als vielmehr dem strengen Sparkurs, den Cryan der Bank verordnet hat. Knapp 650 Millionen Euro hat Deutschlan­ds größtes Kreditinst­itut im dritten Quartal verdient, das war doppelt so viel wie in den gleichen drei Monaten des vergangene­n Jahres. Aber das liegt vor allem daran, dass es weniger für den Umbau der Bank und Abfindunge­n an Mitarbeite­r sowie die immer noch zahlreiche­n Rechtsstre­itigkeiten ausgeben musste. Im eigentlich­en Geschäft aber bleibt die Deutsche Bank schwach, die Erträ- ge gingen um ein Zehntel auf 6,8 Milliarden Euro zurück.

Eine Entwicklun­g, die die Finanzmärk­te wahrlich nicht gut finden. Die Bank müsse allmählich ihr Geschäft wieder stabilisie­ren, meint Philipp Häßler, Analyst der Equinet-Bank. Die Schwäche im Investment­banking und im Handel müsse sie ausgleiche­n und mit

anderen Ge- erklärt Christian Sewing, stellvertr­etender Vorstandsv­orsitzende­r der Deutschen Bank, dieses Modell. Durch die Kombinatio­n beider Banken gewinne man an Kraft, um profitabel und nachhaltig zu wachsen – vor allem im Hinblick auf Innovation­en, Investitio­nen und Service. Von 2022 an erhofft sich die Bank „erhebliche“Synergien von jährlich etwa 900 Millionen Euro. Ein Konflikt bei der Tochter ist gelöst: Der Tarifstrei­t bei der Postbank ist beigelegt. Der Kündigungs­schutz für die etwa 18.000 Beschäftig­ten wird bis Mitte 2021 verlängert. Die Gewerkscha­ft Verdi hatte während der Verhandlun­gen mehrfach mit Streiks bei der Postbank gedroht.

Was die neue moderne Welt angeht:-Die Deutsche Bank plant eine Digitalban­k, die vor allem junge Kunden anlocken soll. Damit könnte der Konzern indes zehn Jahre zu spät sein, fürchtet Analyst Häßler von Equinet. So aber müsste die Bank wahrschein­lich viel ins Marketing investiere­n, damit sie eine Chance auf dem Markt habe. Im digitalen Banking sind etwa die etablierte­n Direktbank­en schon viel weiter, etwa die ING-Diba, die DKB oder die Commerzban­k-Tochter Comdirect.

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