Der Schaden liegt immer bei den Versicherten
Patienten auf dem Papier kränker zu machen, als sie in Wahrheit sind, ist moralisch verwerflich. Im Einzelfall kann man den Betroffenen existenziell schaden. Zudem treibt diese Praxis die Gesundheitskosten in die Höhe. Positiv ist, dass der Gesundheitsminister den Missstand bereits erkannt und mit einem Gesetz reagiert hat. Aber die Neuregelung reicht nicht aus, denn trotz des Verbots hat noch jeder fünfte Arzt Beeinflussungsversuche durch Kassen erlebt. Die Kontrollen müssen also besser werden.
Das Gesundheitssystem ist in jeder Hinsicht für Manipulationen anfällig – aus dem einfachen Grund, dass es um Milliarden-Summen geht. Mit jedem neuen Gesetz bilden sich in der Regel auch Schlupflöcher, Fehlanreize, oder es entsteht die Versuchung der Manipulation. Längst nicht alle Ärzte, Kassenoder Klinikvertreter nutzen die Grauzonen, die das komplexe System bietet. Nur ein kleiner Teil überschreitet Gesetzesgrenzen. Aber wenn Manipulationen ans Licht kommen, leidet der Ruf der ganzen Branche. Für das Arzt-Patienten-Verhältnis, das in den vergangenen Jahren ohnehin schwieriger geworden ist, sind solche Nachrichten Gift. Und der finanzielle Schaden liegt immer bei den Versicherten. BERICHT KASSEN STIFTEN ÄRZTE ZU . . ., TITELSEITE
Spaniens Zentralmacht
Ministerpräsident Mariano Rajoy reiht sich in die spanische Tradition ein: Wer die Zentralmacht herausfordert, bekommt die ganze Härte des Gesetzes zu spüren. Das war im 16. Jahrhundert bei der Loslösung der Niederlande der Fall. Dem gleichen Muster folgt Madrid bei den nach Abspaltung strebenden Katalanen. Wenigstens wird heute keine Gewalt angewandt – bislang jedenfalls.
Gleichwohl geht nicht nur der heillos überforderte Chef der katalanischen Regionalregierung, Carles Puigdemont, mit schweren Blessuren aus dem Kampf. Auch Spaniens Regierungschef Rajoy hat die Chance auf Ausgleich und Befriedung vertan.
Stattdessen hat die Zentralmacht zugeschlagen. Sicher, für beide ist es besser zusammenzubleiben. Aber die Wunden, die Rajoy erst mit seiner Missachtung der Katalanen, dann mit ihrer Bestrafung aufgerissen hat, wird er kaum heilen. Und wenn eine starke Minderheit die Unabhängigkeit will, wird in Spanien so schnell keine Ruhe einkehren. Das ist fatal für die wirtschaftliche und politische Entwicklung. Rajoys Vorgehen ist kein Sieg der Demokratie. BERICHT KATALONIENS PARLAMENT FÜR . . ., TITELSEITE
Laschets Maut-Problem
Die Einschätzung der Landesregierung, an der Einführung der Pkw-Maut nicht mehr viel ändern zu können, ist vermutlich richtig. Das Prestige-Projekt von CSU-Chef Horst Seehofer ist längst beschlossene Sache. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) könnte zwar versuchen, in Berlin eine neue Mehrheit zur Rückabwicklung zu organisieren. Aber nachdem die große Koalition in der vergangenen Legislaturperiode über kein Projekt so lange gestritten hat wie über die Pkw-Maut, dürfte ein solches Ansinnen aussichtslos sein.
Das ist eine unangenehme Situation für Laschet. Nicht nur, weil geheime Papiere der Düsseldorfer Staatskanzlei jetzt den Eindruck erwecken, zumindest Teile seiner Administration seien inzwischen ins Lager der Maut-Befürworter gewechselt. Sondern mehr, weil Laschet als Oppositionsführer noch wörtlich „entschiedenen Widerstand der nordrheinwestfälischen CDU“gegen die Maut angekündigt hatte. Jetzt, wo er Ministerpräsident ist und in Berlin sogar über die neue Bundesregierung mitverhandelt, ist von diesem Widerstand nicht mehr viel zu spüren. BERICHT