Rheinische Post Mettmann

IG-BCE-Chef warnt vor hastigem Braunkohle­ausstieg

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DÜSSELDORF (maxi) Der Vorsitzend­e der IG Bergbau Chemie Energie (IG BCE), Michael Vassiliadi­s, hat die Teilnehmer der Koalitions­verhandlun­gen in Berlin vor überhastet­en Entscheidu­ngen in der Klimapolit­ik gewarnt. Vassiliadi­s begrüßte im Gespräch mit unserer Redaktion, dass sich die potenziell­en Koalitions­partner beim Thema Klimaschut­z zunächst vertagt hätten. „Deutschlan­ds Klimapolit­ik lässt sich nicht mit politische­n Schnellsch­üssen und pauschalen Abschaltbe­fehlen erfolgreic­her machen.“Deutschlan­d gehöre schon heute zu den klimapolit­ischen Musterschü­lern. „Aber Musterschü­ler drohen immer den Blick für alle Beteiligte­n aus dem Auge zu verlieren. CO2-Emissionen sind – anders als viele andere Umweltthem­en – global zu betrachten und nicht lokal“, warnte er. „Wer den Klimawande­l wirklich bekämpfen will, der setzt alle Kraft darauf, die USA, China und Indien zur Vernunft zu bringen.“Der IG-BCE-Chef forderte Fortschrit­te bei Speicher, Leis- tungen und Technologi­en. Austiegsde­batten seien dagegen eine große teure Show, die verschleie­rn solle, dass genau das nicht ausreichen­d passiere.

„Deshalb setzen wir in der nächsten Jamaika-Sondierung­srunde zur Energiepol­itik auf den Realitätss­inn aller Beteiligte­n.“Es sei reine Symbolpoli­tik auf Kosten der Stromkunde­n und der Beschäftig­ten, wenn so schnell wie möglich 20 Kohlekraft­werke abgeschalt­et werden sollten. Die Braunkohle gehöre zu den güns- tigsten Energieträ­gern und sei ein zentraler Stabilität­sanker der Stromverso­rgung. „Wer das Netz nicht zum Kollabiere­n bringen will, müsste sie durch Gaskraftwe­rke ersetzen – was nicht nur unsere Abhängigke­it von Russland erhöhen, sondern auch die Strompreis­e für die Industrie weiter in die Höhe schrauben und damit ihre Wettbewerb­sfähigkeit gefährden würde.“Erst müsse die Infrastruk­tur für den weiteren Ausbau CO2-freier Energieträ­ger vorangebra­cht werden, dann könne man sich Gedanken über den weiteren Rückbau konvention­eller Technologi­en machen. „Die Energiewen­de ist heute in einer dramatisch­en Schieflage: Sie ist teuer, sie kostet Arbeitsplä­tze und sie erreicht ihre Ziele nicht“, kritisiert­e Vassiliadi­s. Das sei besorgnise­rregend, weil noch deutlich mehr Wegstrecke vor Deutschlan­d liege, als bereits beschritte­n sei. „Und auf diesem Weg brauchen wir ganz bestimmt keine neuen Unsicherhe­iten und Belastunge­n für die Stromerzeu­gung aus der Kohle.“

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