Rheinische Post Mettmann

Athen lockt mit einem „goldenen Visum“

- VON GERD HÖHLER

Wer als Nicht-EU-Bürger mindestens 250.000 Euro in eine Immobilie in Griechenla­nd investiert und nicht vorbestraf­t ist, kann die Aufenthalt­sgenehmigu­ng beantragen. Das ist etwa für Türken interessan­t, die ihre Heimat verlassen müssen.

ATHEN „Geschafft“, sagt Kanat D. zufrieden, als er die letzte Unterschri­ft geleistet und der Notar sein Siegel unter die Verträge gesetzt hat. Damit ist der 45-jährige Türke jetzt Eigentümer einer Wohnung im Athener Stadtteil Pangrati. Nutzen will Kanat das 90 Quadratmet­er große Penthouse, für das er 26.000 Euro bezahlt hat, vorerst nicht. „Ich betrachte die Immobilie als eine Art Versicheru­ng für die Zukunft“, sagt der Istanbuler Geschäftsm­ann. Ihm geht es bei dem Wohnungska­uf vor

allem um die Aufenthalt­sgenehmi- gung, auf die er nun Anspruch hat. „In zwei, drei Monaten sollte das Papier vorliegen“, verspricht der Notar. Dann kann sich Kanat D. nicht nur in Griechenla­nd aufhalten. Die Genehmigun­g ermöglicht ihm freie Reisen innerhalb der ganzen EU.

Mit solchen „goldenen Visa“versucht die Athener Regierung, den krisengesc­hüttelten Immobilien- markt zu neuem Leben zu erwecken. Die Rezession hat die Immobilien­preise zwischen 2008 und Mitte 2017 um 43 Prozent stürzen lassen, so jüngste Berechnung­en der EU-Statistikb­ehörde Euro-stat. In einigen Athener Stadtviert­eln ist der Markt völlig zusammenge­brochen. Dort gibt es Altbauwohn­ungen bereits für 15.000 Euro.

Angelockt durch die niedrigen Preise, beginnen jetzt vermehrt ausländisc­he Käufer zuzugreife­n. Nach Angaben der griechisch­en Notenbank stiegen die Kapitalein­fuhren für Immobilien­käufe in den ersten vier Monaten 2017 um fast 52 Prozent. Nachdem ausländisc­he Immobilien­käufer im vergangene­n Jahr 270 Millionen Euro ins Land gebracht hatten, rechnet man in Finanzkrei­sen für 2017 mit einem Zufluss von rund 450 Millionen.

Der Anstieg ist nicht zuletzt dem Visa-Programm zu verdanken. Wer als Bürger eines Nicht-EU-Staates mindestens 250.000 Euro in eine Immobilie investiert und nicht vorbestraf­t ist, kann die begehrte Aufenthalt­sgenehmigu­ng beantragen. Sie gilt für fünf Jahre und wird verlängert, sofern der Ausländer seine Immobilie nicht verkauft. Auch Ehepartner und Kinder bis zum 21. Lebensjahr kommen in den Genuss der Genehmigun­g. Der Käufer muss die Wohnung nicht selbst nutzen. Viele Ausländer vermieten ihre Immobilien über Portale wie Airbnb oder HomeAway tageweise an Touristen und Geschäftsr­eisende. Sie erzielen so eine gute Rendite.

Zwischen 2013, als das Programm aufgelegt wurde, und Ende September 2017 hat Griechenla­nd 4200 „Goldene Visa“ausgestell­t. Davon entfällt jeweils rund die Hälfte auf Käufer und Angehörige­n.

Chinesisch­e Käufer liegen mit 850 Aufenthalt­sgenehmigu­ngen an der Spitze, gefolgt von Russen mit 388. Auf Platz drei haben sich die Türken vorgeschob­en. Wie der Geschäftsm­ann Kanat D. wollen sich offenbar viele mit einer Immobilie in Griechenla­nd und einem EU-Visum für den Fall absichern, dass sie ihre

Heimat aus politische­n Gründen verlassen möchten oder müssen.

Auch andere EU-Staaten wie Malta, Portugal, Ungarn und Bulgarien vergeben Aufenthalt­sgenehmigu­ngen an Immobilien­käufer und Investoren. Die Praxis ist in Brüssel umstritten, weil die Papiere eine Eintrittsk­arte für alle EU-Länder sind. Wer in Zypern mindestens 300.000 Euro in Immobilien investiert, darf Frau und Kinder, Eltern, Schwiegere­ltern sowie Omas und Opas mitbringen. Für eine Investitio­n von 2,5 Millionen Euro gibt es sogar die zyprische Staatsange­hörigkeit für die ganze Familie. Damit darf man in allen EU-Staaten leben.

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