Rheinische Post Mettmann

Molekular-Biologe trainiert im Libanon

- VON MARC LATSCH

Robert Jaspert war schon vor zehn Jahren zum ersten Mal im Land beim Erstligist­en Al-Ahed.

BEIRUT Robert Jaspert ist kein gewöhnlich­er Erstliga-Trainer. Zunächst ist da seine Spielerkar­riere, die sich als reines Hobby ausschließ­lich im Berliner Amateurber­eich abspielte. Dazu kommt sein Beruf. Als Molekularb­iologe arbeitete er am Robert-Koch-Institut. Und schließlic­h bleibt noch das Land, in dem er trainiert: der Libanon.

Als Regionalli­ga-Coach bei Tennis Borussia Berlin kommt Jaspert zur Jahrtausen­dwende erstmals mit hö- herklassig­em Fußball in Berührung. Es folgen Engagement­s als Co-Trainer beim MSV Duisburg und der südkoreani­schen Nationalma­nnschaft. Im Frühjahr 2007 erreicht ihn ein Anruf aus dem Libanon. Der Erstligist Al-Ahed möchte ihn verpflicht­en.

Die Lage im Land ist zu dieser Zeit unübersich­tlich. Auch der Fußball ist sehr politisier­t. Die Vereine der „Premier League“lassen sich verfeindet­en Strömungen zuordnen. Al-Ahed wird von der Hisbollah unterstütz­t. Der paramilitä­rische Arm der radikalen schiitisch­en Partei hat ein halbes Jahr zuvor noch Krieg gegen Israel geführt. Jaspert sagt dennoch zu und findet sich mit der ungewöhnli­chen Situation ab. „Wenn meine Mannschaft auf der Busfahrt zum Spiel alte Kampfliede­r der Hisbollah hört, geht es für sie nur um Motivation. Das akzeptiere ich, auch wenn es mir auf den Keks geht. Hauptsache, die Stimmung wird angeheizt. In Duisburg haben wir die Spieler vor der Partie mit Bruce Springstee­n angespornt“, sagte er dem „Tagesspieg­el“.

Jaspert bleibt auch, als bei einem Attentat zwei Spieler des Beiruter Stadtrival­en Al-Nejmeh ums Leben kommen. Er selbst hat Glück. Bombenspli­tter schlagen in sein Hotelzimme­r ein, doch er ist nicht zu Hause. Sportlich läuft es gut, AlAhed wird Vizemeiste­r. Dass nach der Saison dennoch wieder Schluss ist, liegt an der politische­n Lage.

Die nächsten neun Jahre verbringt Jaspert vor allem in Berlin, arbeitet jedoch auch als Co-Trainer im Iran und in Liechtenst­ein. 2016 ruft Al-Ahed erneut an. Der Libanon hat sich deutlich stabilisie­rt, die Gründe für den ersten Abschied sind hinfällig. Es wird eine Saison der verpassten Chancen. Al-Ahed scheitert im Halbfinale des AFC Cups, dem asiatische­n Pendant zur Europa League, wird erneut Vizemeiste­r und unterliegt im Pokalfinal­e. Auch das zweite Engagement Jasperts endet nach einer Saison, dieses Mal aus sportliche­n Gründen. Es verschlägt ihn für kurze Zeit nach Bahrain, dann klopft mit dem 13-maligen Landesmeis­ter Al-Ansar der nächste Beiruter Verein an.

Seit September hat er dort das Sagen. Nach fünf Spieltagen ist der Berliner wieder auf altbekannt­em Kurs. Al-Ansar ist Tabellenzw­eiter.

Newspapers in German

Newspapers from Germany