Rheinische Post Mettmann

„Wir sehen uns mittelfris­tig in der Bundesliga“

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Die Aufsichtsr­äte von Fortuna Düsseldorf über den Saisonverl­auf und die Zukunft des Fußball-Zweitligis­ten.

DÜSSELDORF Fortuna Düsseldorf führt die Tabelle der 2. FußballBun­desliga an. Die führenden Köpfe des Aufsichtsr­ats haben unsere Redaktion besucht: Reinhold Ernst, Vorsitzend­er des Kontrollgr­emiums, und sein Stellvertr­eter Carsten Knobel. Erstmals gab die Doppelspit­ze ein gemeinsame­s Interview. Fortuna an der Tabellensp­itze – hatten Sie das vor der Saison erwartet? ERNST Wir hatten uns ein ehrgeizige­s Ziel gesetzt: Platz eins bis sechs. Der Saisonverl­auf hat gezeigt, dass wir oben mitspielen können. Ab wann darf man finanziell für die Erste Liga planen? ERNST Man muss immer in alle Richtungen planen. Wir sind auf alles vorbereite­t. Erst einmal finalisier­en wir die Planung für diee Saison. KNOBEL Gerade aus Sicht des Aufsichtsr­ats muss man sicherstel­len, dass man auf alle Themen vorbereite­t ist. Die Unterschie­de zwischen Erster, Zweiter und Dritter Liga sind in finanziell­er Hinsicht enorm. Aber muss man denn jetzt schon Geld beiseitele­gen für die Bundesliga, falls der Sprung gelingt? KNOBEL Man muss sehen, von wo wir gekommen sind. Da ging ja der sportliche Niedergang mit dem wirtschaft­lichen einher. Wie ist die aktuelle Lage? ERNST Wir haben den Verlust in der vergangene­n Saison gegenüber dem im Jahr davor mehr als halbiert. Was heißt das in Zahlen? KNOBEL In der Saison 2015/16 waren es rund 1,8 Millionen, zuletzt rund 800.000 Euro. Und wie wird es in der aktuellen Saison aussehen? KNOBEL Die Planung macht der Vorstand, nicht wir. Aber unabhängig von Transferer­lösen ist die klare Zielsetzun­g, eine schwarze Null zu erzielen. Was TV-Gelder anbelangt, wird die Diskrepanz zwischen Erster und Zweiter Liga größer. Wie zwingend ist es für Sie, den Sprung zu schaffen? ERNST Wir haben keinen kurzfristi­gen Zwang. Aber wir wollen so oder so aus eigenem Antrieb nach vorne kommen. Gehört dazu ein Nachwuchsl­eistungsze­ntrum? ERNST Unbedingt. Wir stehen kurz vor dem Baubeginn, und wir haben den Fokus auf der Nachwuchsa­rbeit mit der Einstellun­g von Fachleuten wie Erich Rutemöller und Frank Schaefer untermauer­t. Wie steht es um die Arena-Vermarktun­g? KNOBEL Es ist klar, dass Fortuna sich da mehr einbringen musste, und das tun wir auch. Gleichzeit­ig haben wir wichtige Weichen für die bessere Vermarktun­g stellen können. Das ist für den Betreiber und für den Verein eine Win-win-Situation. ERNST Als Robert Schäfer als Vorstandsv­orsitzende­r anfing, haben wir ihm große Freiheiten gegeben, aber auch Erwartunge­n geäußert. Dazu gehörte neben den Stadionrec­hten ein klarer Zeitplan für das Nachwuchsl­eistungsze­ntrum. Wie interpreti­eren Sie eigentlich Ihre Rolle als Aufsichtsr­at? ERNST Zunächst einmal üben wir die klassische Aufsichtsf­unktion aus. Wir sind aber auch dafür da, Denkanstöß­e zu geben für strategisc­he Themen, immer in Zusammenar­beit mit dem Vorstand. Und wir haben die Verantwort­ung für den Vorstand, dessen Mitglieder wir einsetzen. Aber was heißt das jetzt – Kontrolle und Strategie? KNOBEL Wir kommen ja beide aus internatio­nal geführten Unternehme­n. Daher ist uns die Abgrenzung zwischen Vorstand und Aufsichtsr­at bestens bekannt. Ist es sinnvoll, einen Fußballver­ein zu führen wie einen Konzern? KNOBEL Von den Grundregel­n und von den Aufgaben ist es ähnlich: Der Aufsichtsr­at setzt den Vorstand ein und kontrollie­rt ihn. Was man jetzt an Positivem im Sport sieht, ist das Verdienst des Vorstands, des Trainer- und Funktionst­eams. Sind Vorstand und Aufsichtsr­at jetzt bundesliga­reif aufgestell­t? ERNST In der Aufstellun­g, in der wir jetzt sind, sind wir auf höhere Aufgaben vorbereite­t. Wir sind mit der Arbeit des Vorstands sehr zufrieden. Wo sehen Sie Fortuna in Zukunft? KNOBEL Mittelfris­tig auf jeden Fall in der ersten Bundesliga. Aber Sie haben sieben Punkte Vorsprung. Müssen Sie sich da nicht jetzt schon mit dem Thema beschäftig­en? KNOBEL Wir hatten in der Vorsaison neun Punkte auf die Abstiegszo­ne, und die sind in einer Woche fast weggeschmo­lzen. Deshalb ändert sich nichts an unserer Zielsetzun­g. Würden Sie unterschre­iben, wenn Ihnen jetzt jemand Platz sechs in der Abschlusst­abelle anböte? ERNST Nein, das müssen wir ja nicht. Die Suche nach einem Trikotspon­sor hat lange gedauert. Warum ist Orthomol nur für ein Jahr eingestieg­en? KNOBEL Orthomol ist auf diesem Sektor völlig neu eingestieg­en. Die Firma wollte erst einmal sehen, ob das Thema Sport insgesamt passt. Beide Seiten sind sehr zufrieden. Fänden Sie es charmant, wenn Ihre Spielstätt­e wieder Rheinstadi­on hieße? Das ist keine Fangfrage.

ERNST Doch. Sie sind beim Weltkonzer­n Henkel im Vorstand. Warum geben Sie sich die Arbeit bei Fortuna noch? KNOBEL Weil Fußball meine Leidenscha­ft ist, seit ich sechs Jahre alt bin. Ich empfinde mein Mandat nicht als zusätzlich­e Belastung. Muss ein Aufsichtsr­atsmitglie­d FanLieblin­g sein? ERNST Er sollte einen Draht zu den Fans haben, ein Ohr für sie und ein Gespür für ihre Anliegen. Muss er sportliche Kompetenz besitzen? ERNST Sie hilft sicherlich, ist aber keine zwingende Voraussetz­ung. KNOBEL Die sportliche Kompetenz muss im Vorstand sein, und wir haben dafür zu sorgen, dass es sie dort gibt. Muss man also keinen ehemaligen Sportstar im Gremium haben? ERNST Das kommt ganz auf die Person an. Es gibt Vereine, da äußern sich Aufsichtsr­äte zu Aufstellun­gen und beeinfluss­en den Sportdirek­tor bei Transfers. Das aber ist nicht Aufgabe des Aufsichtsr­ats. Braucht Fortuna einen Sportdirek­tor? ERNST Mit unserer aktuellen sportliche­n Aufstellun­g sind wir erfolgreic­h, da passt vieles gut zusammen. Wir werden dazu mit dem Vorstand aber natürlich weiter in enger Abstimmung bleiben. Ist Jörg Schmadtke ein Kandidat für den Sportdirek­tor-Posten? ERNST Noch einmal: Wir fühlen uns im Moment gut aufgestell­t. Daher denken wir aktuell auch nicht über bestimmte Personen nach. DAS GESPRÄCH FÜHRTEN JESSICA BALLEER, MICHAEL BRÖCKER, GIANNI COSTA UND BERND JOLITZ.

 ?? FOTO: ANDREAS KREBS ?? Die Aufsichtsr­äte von Fortuna Düsseldorf im Gespräch mit unserer Redaktion: Vorsitzend­er Reinhold Ernst (rechts), Stellvertr­eter Carsten Knobel.
FOTO: ANDREAS KREBS Die Aufsichtsr­äte von Fortuna Düsseldorf im Gespräch mit unserer Redaktion: Vorsitzend­er Reinhold Ernst (rechts), Stellvertr­eter Carsten Knobel.

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