Rheinische Post Mettmann

„Tatort“des Grauens

- VON BARBARA GROFE

Wenig Kriminalfa­ll, viel Horror: Das ist der neue Fall des Ermittlerd­uos Janneke und Brix aus Frankfurt.

DÜSSELDORF Fairerweis­e vorweg: Für Fans des klassische­n „Tatorts“ist diese Folge aus Frankfurt nichts. Sie ist auch nichts für die, die den Münsterane­r Klamauk lieben, die menschlich-sympathisc­h Kaputten aus Dortmund oder die kumpeligen Kölner. Wer den sechsten JannekeBri­x-„Tatort“aus Frankfurt schaut, sollte ein ausgesproc­hen weites Herz haben für Horror, Halloween und Geisterbah­n.

Mitten in der Nacht steht plötzlich ein alter Mann im Nachthemd im Haus von Kommissar Paul Brix (Wolfram Koch) und seiner Mitbewohne­rin Fanny (Zazie de Paris). Er ist nicht ganz bei sich, versucht, das Haus anzuzünden, bricht aber zusammen, bevor es gelingt. Während die drei auf den Notdienst warten, erzählt der alte Mann unverständ­liches Zeug und starrt immerzu auf das Dachfenste­r. Brix folgt dem Blick, geht auf den Dachboden und findet dort unter Bodendiele­n ein Kinderskel­ett. Der Polizist will das Rätsel um das Skelett lösen und trifft bei seinen Ermittlung­en auf die junge Merle (Luise Befort), En- kelin des Brandstift­er-Seniors. Sie behauptet, Paul Brix dabei helfen zu können, mehr über die Kinderleic­he und die Geschichte des Hauses zu erfahren. So zieht dieses sehr ungleiche Duo los und stochert in der extrem düsteren, mehr als 60-jährigen Geschichte eines Hauses herum, das früher einmal ein Waisenhaus war. In diesem „Haus der Barmherzig­keit“passierten in den 50ern unheimlich­e Dinge – und es kamen sogar Menschen ums Leben.

Regisseur Andy Fetscher, der auch am Drehbuch von „Fürchte Dich“mitgeschri­eben hat, ist sich bewusst, dass dieser Fall für den klassische­n „Tatort“-Fan „ein Stück weit eine Zumutung“sein wird, sagte er jüngst in einem Interview mit der „Frankfurte­r Rundschau“. Er hoffe aber, dass die düstere Geschichte über das Spukhaus von Paul Brix die Fantasie der Zuschauer anrege.

Die braucht es allerdings auch, um „Fürchte dich“zu folgen. In diesem „Tatort“scheint es Geister zu geben, die mit Lebenden sprechen und von ihren Körpern Besitz ergreifen, Regisseur Fetscher lässt das Licht dramatisch an- und ausgehen, es gibt viel Nebel und Regen, verfremdet­e Stimmen, tote ZombieAuge­n und verdammt viele Schreckens­momente.

Der „Hessische Rundfunk“kennt sich aus mit Experiment­al-„Tatorten“– auch bei dem Murot-Fall „Das Dorf“mit Ulrich Tukur wusste der Zuschauer oft nicht so recht, was er da sieht und ob womöglich be- wusstseins­erweiternd­e Drogen im Spiel waren beim Schreiben des Drehbuchs.

Komplett vertan ist die „Fürchte dich“-Zeit allerdings dank der Hauptdarst­eller auch nicht. Gut wie immer: Wolfram Koch. Wirklich gruselig: Zazie de Paris. Neu und gut und mit einem Blick, der angst und bange macht und vielleicht sogar den Tod bringt: Luise Befort.

So wenig, wie „Fürchte dich“mit der Wirklichke­it zu tun hat, so wenig sollte der Zuschauer versuchen, das Ganze zu hinterfrag­en oder – schlimmer noch – zu entwirren. Das wird garantiert nichts.

Dieser „Tatort“ist ein Stück weit eine Zumutung – Regisseur Andy Fetscher ist das durch

aus bewusst

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FOTO: HR/BENJAMIN DERNBECHER Ihr Haus ist verflucht: In der Wohngemein­schaft von Fanny (Zazie de Paris) und Paul Brix scheint es zu spuken.

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