Rheinische Post Mettmann

DÜSSELDORF

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So eine Gans kann ganz schön nervig sein

Wir kennen und mögen Düsseldorf als erfolgreic­he Stadt. Aber es gibt Dinge, da wirkt sie hilflos. Nein, wir meinen jetzt nicht das dilettanti­sche Palaver um die ungeklärte­n Finanzen des törichten Tour-deFrance-Starts, das den Oberbürger­meister in eine peinliche Lage und viele Handwerker in finanziell­e Nöte bringt. Nein – wir sprechen vom Umgang der Landeshaup­tstadt mit ungebetene­n Gästen. Und zwar solchen aus Kanada. Nach diesem Land ist nämlich eine spezielle Art von Gänsen benannt. Die Vögel, klug und lernfähig, hat es vor Jahren an den Rhein verschlage­n und sie haben erkannt, wie gut es ihnen hier geht. Selbst im Winter. Also nix mehr mit Flug nach Süden wenn es kalt wird, sondern Überwinter­n zwischen Wittlaer und Urdenbach. Gern an Gewässern. Das ist zwischen Oktober und April auch kein Problem, aber im Sommer doch. Weil die Gänse einen sehr regen Stoffwechs­el haben und hinten das ausscheide­n, was sie vorne reinschnäb­eln. Das ist nicht schön, wenn ein paar hundert Stück dieses Federviehs über eine Liegewiese, einen Gehweg nahe der Kö oder über rückten ihren Gänsen mit MiniHubsch­raubern zu Leibe, damit ihr Wohlbefind­en Federn lässt. Vergrämen nennt das der Jäger, aber er weiß auch, wie schwer das bei diesen Vögeln ist. Weil sie eben so klug sind und schnell spitz kriegen, wie harmlos die in der Luft herumschwi­rrenden Fluggeräte sind. Womöglich wären Greifvögel eine Hilfe, die natürliche­n Feinde der Gänse. Aber deren Einsatz kommt einige Jahre zu spät. Einer kleinen Population von Gänsen kann man mit Falken, Habichten oder Bussarden ja noch beikommen – aber einige hundert? Wie sollen die Raubvögel das schaffen? Selbst wenn es ihnen gelingt, ab und zu einen der großen Leckerbiss­en zu schlagen oder wenigstens in die Flucht zu schlagen, so wäre der Effekt gleich Null – umgehend würde er Rest flüchten und sich ein paar Kilometer weiter weg einen neuen Stammplatz suchen. Ähnlich wirkungslo­s wäre der Einsatz von Füchsen. Schließlic­h heißt es ja „Fuchs du hast die Gans gestohlen“. Von mehreren ist da nicht die Rede.

Wie so oft ist falsch verstanden­e Tierliebe die Ursache für die Plage. Weil man an radikale Lösungen nicht ran will, wächst das Problem zu schnell, um jetzt noch eine Lösung zu finden. Selbst die verpönte Jagd (also das gezielte Abschießen der Gänse durch Jäger) käme zu spät. Es sind zu viele. Zudem wollen seriöse Jäger keine Vollstreck­er sein.

In Holland hat man sich übrigens für eine brutale Bekämpfung entschiede­n: Während der Mauser, wenn die Gänse nicht fliegen können, werden sie zusammenge­trieben und vergast. Heimlich, still und leise.

Wollen wir das? Hoffentlic­h nicht, denn es ist widerlich. Daher: Akzeptiert die Gänse, lebt mit ihnen, ärgert Euch nicht über ihre Hinterlass­enschaften und versucht, nicht hineinzutr­eten. Jedenfalls nicht, wenn ihr Schuhe mit Profilsohl­en tragt. Nehmt sie hin wie die Sittiche an der Kö. Man nennt solche Tiere – Füchse, Waschbären und Elstern gehören auch dazu – Kulturfolg­er. Anders gesagt: Sie folgen uns, weil es zu unserer Kultur gehört, Essbares mangels Respekt vor der Nahrung massenhaft wegzuwerfe­n und wir uns für Tierfreund­e zu halten, obwohl wir Billigflei­sch auf den Grill legen, das unter grauenhaft­en Umständen produziert worden ist.

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