Rheinische Post Mettmann

„Mauritius ist ein Massenziel geworden“

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Thailand oder Mexiko? Im Winter zieht es viele Urlauber in die Ferne. Woher kommt diese Sehnsucht? Und ist das nicht ökologisch bedenklich? Antworten auf diese Fragen gibt Marek Andryszak, neuer Chef von Tui Deutschlan­d.

Wie sind Fernreisen bei der Masse so beliebt geworden? MAREK ANDRYSZAK Der AsienTrend begann mit dem Aufstieg der Golf-Carrier vor gut zehn Jahren. So entstanden die Drehkreuze in Richtung Osten. Die Karibik liegt schon seit den 90ern im Trend. Gerade in den letzten zwei Jahren hat sich das noch einmal verstärkt, weil die Kanaren relativ teuer geworden sind. Preislich kann die Karibik da inzwischen mithalten. Günstige Flugticket­s, immer mehr Verbindung­en: Hat der Boom der Fernreise vor allem mit günstigen Preisen zu tun? ANDRYSZAK Nicht nur, auch mit der Vielfalt. Wir haben heute mehrere Tausend Hotels in der Karibik und in Südostasie­n. Das Angebot ist viel breiter geworden. Und die Kundenstru­ktur hat sich verändert. Im Schnitt sind unsere Gäste älter und reiseerfah­rener geworden. Ein Treiber der Entwicklun­g sind außerdem unsere eigenen Hotelmarke­n. Wenn es irgendwo ein neues Riu-Hotel gibt, sagen sich viele „Och, da könnte ich doch jetzt mal hinreisen.“ Welche Fernreisez­iele sind neben Klassikern wie den USA, Thailand und der Dominikani­schen Republik noch Massenziel­e geworden? ANDRYSZAK Mauritius zum Beispiel. Vor zehn Jahren war das noch ein Luxusprodu­kt für die oberen Zehntausen­d. Das hat sich geändert. Es gibt hervorrage­nde Hotels im VierSterne-Segment, die sich viele Kunden leisten können. Südafrika gehört auch dazu. Und Vietnam wird in den nächsten Jahren sehr stark kommen. Auch Sri Lanka hat sich als Fernreisez­iel etabliert. Suchen die Urlauber in der Ferne ganz andere Dinge als in Europa, oder haben sie die gleichen Bedürfniss­e? ANDRYSZAK Auf der Fernstreck­e ist auf jeden Fall die relative Zahl der Ausflüge und Rundreisen größer. Die Urlauber verlassen das Hotel eher. Auf der Fernreise wird außerdem viel mehr kombiniert: Sri Lanka mit den Malediven, Dubai mit Mauritius, oder auch innerhalb eines Landes, Bangkok mit Ko Samui. Wer lange fliegt, will mehr sehen als nur einen Ort im Urlaubslan­d. Tui hat sich das Thema Nachhaltig­keit auf die Fahnen geschriebe­n. Wie passt das zum FernreiseT­rend, der wegen des hohen CO2Ausstoß­es auf Fernflügen die Umwelt stark belastet? ANDRYSZAK Wenn wir keine Fernreisen mehr anböten, dann würden wir die Grundlage unseres Geschäfts untergrabe­n. Aber es gibt Stellschra­uben, an den wir drehen. Wir versuchen zum Beispiel, Flug- zeuge einzusetze­n, die weniger Kerosin verbrauche­n. Bis 2020 wollen wir Europas emissionse­ffizientes­te Fluggesell­schaft betreiben und die CO2-Intensität unserer Geschäftst­ätigkeit um zehn Prozent senken. Wird Kunden die Möglichkei­t, den CO2-Ausstoß eines Fluges zu kompensier­en, überhaupt aktiv angeboten? ANDRYSZAK Wir hatten das in Deutschlan­d vor einigen Jahren schon mal angeboten. Die Resonanz war ernüchtern­d. Nur wenige Urlauber waren bereit, aus Umweltgrün­den mehr für ihre Reise zu bezahlen. Und die Reisebüros boten das auch nicht aktiv an, weil sie daran nichts verdienten. Das Interview führte Philipp Laage.

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FOTO: M. ZEHENDER Auf Mauritius lässt es sich paradiesis­ch entspannen.

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