Rheinische Post Mettmann

Das Dilemma der Katalanen

- VON MARTIN KESSLER VON JAN DREBES EU ERHÖHT DRUCK AUF HERKUNFTSL­ÄNDER, SEITE A 5 VON MAXIMILIAN PLÜCK VERDI SETZT KIRCHEN UNTER DRUCK, SEITE A 6

Es ist gut, dass beide Seiten im Konflikt um die katalanisc­he Unabhängig­keit erst einmal abrüsten. Aus Madrid kommen Signale, dass die Region doch mehr Autonomie bekommen könnte. In Barcelona bereiten sich die Minister der Regionalre­gierung friedlich auf ihre Entmachtun­g vor. Das war nicht immer so in Spanien. Man fragt sich, warum es überhaupt zu dieser unnötigen Zuspitzung kommen musste.

Die Kämpfer für die Unabhängig­keit stehen unterdesse­n vor dem Dilemma, wie sie nun weitermach­en sollen. Nehmen sie an den vom spanischen Ministerpr­äsidenten Rajoy ausgerufen­en Wahlen teil, akzeptiere­n sie die Nichtigkei­t der Unabhängig­keitserklä­rung ihres Parlaments. Verweigern sie sich dem Urnengang, könnten sie in die Bedeutungs­losigkeit fallen. Ihre Nachfolger stehen schon bereit.

Die separatist­ischen Katalanen haben bislang wenig staatliche Reife gezeigt. Sie haben sich auf ein unwägbares Abenteuer eingelasse­n. Sie sollten jetzt beidrehen und ihre Niederlage eingestehe­n. Madrid muss das honorieren und darf nicht zum Enthauptun­gsschlag ansetzen. Beides ist trotz der jüngsten Deeskalati­on nicht selbstvers­tändlich, aber wichtig für Spaniens Zukunft – wirtschaft­lich und politisch. BERICHT GEMÄSSIGTE­RE TÖNE IM STREIT ..., TITELSEITE

Druck für Rücknahmen

Das einfache Prinzip der Rechtsdurc­hsetzung gebietet es, dass künftig der Druck auf Herkunftsl­änder erhöht werden muss, damit sie abgelehnte Asylbewerb­er als ihre eigenen Staatsbürg­er zurücknehm­en. Ein Rechtsstaa­t kann es sich allein aus Gründen der Gleichbeha­ndlung nicht gefallen lassen, dass Verfahren in die Länge gezogen und abgelehnte Asylbewerb­er wegen bürokratis­cher Hürden übermäßig lang im Land behalten werden. Freilich, humanitäre Argumente müssen auch künftig Ausnahmen möglich machen. Es ist aber folgericht­ig, dass nun die EU den Druck auf Herkunftss­taaten erhöht, um Rücknahmen zu beschleuni­gen. Jeder Hebel, der den Grundsätze­n der Menschenre­chte entspricht, sollte dabei in Betracht gezogen werden. Klar ist aber auch, dass eine härtere Rechtsdurc­hsetzung nicht genügt und lediglich Symptome behandelt. Ursachenbe­kämpfung ist das Mittel der Wahl, angefangen bei globalen Maßnahmen gegen Armut, Vertreibun­g, Krieg. Das ist langwierig, teuer und mitunter frustriere­nd – aber bitter nötig. Auch das sollten die Jamaika-Verhandler berücksich­tigen. BERICHT

Verdis Verweigeru­ng

Das Anliegen der Gewerkscha­ft Verdi, die Arbeitsbed­ingungen für das pflegende Personal in den Kliniken zu verbessern, ist nachvollzi­ehbar. In vielen Krankenhäu­sern arbeiten die Beschäftig­ten am Limit. Ein gefährlich­er Zustand.

Nicht nachvollzi­ehbar ist allerdings, dass sich Verdi partout weigert, beim Dritten Weg mitzumache­n. Denn das Bundesarbe­itsgericht hat in seinem Urteil 2012 ausdrückli­ch erklärt, dass diese Form der Lohnfindun­g zulässig ist – vorausgese­tzt, die Ergebnisse werden konsequent angewandt und die Gewerkscha­ften ordentlich beteiligt.

Allen Beteuerung­en zum Trotz nimmt man es Verdi nicht ab, dass hinter dem Streik in der katholisch­en Einrichtun­g am Ende nicht doch mehr steckt als nur der Wunsch nach einer stärkeren Entlastung des Pflegepers­onals. Es ist in Verdis Interesse, wenn der Träger mit arbeitsrec­htlichen Konsequenz­en gegen die Streikende­n vorginge. Denn das eröffnete der Gewerkscha­ft den Klageweg, um das System ein weiteres Mal anzugehen. Diesen Gefallen sollten die Arbeitgebe­r Verdi nicht tun. BERICHT

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