Das Dilemma der Katalanen
Es ist gut, dass beide Seiten im Konflikt um die katalanische Unabhängigkeit erst einmal abrüsten. Aus Madrid kommen Signale, dass die Region doch mehr Autonomie bekommen könnte. In Barcelona bereiten sich die Minister der Regionalregierung friedlich auf ihre Entmachtung vor. Das war nicht immer so in Spanien. Man fragt sich, warum es überhaupt zu dieser unnötigen Zuspitzung kommen musste.
Die Kämpfer für die Unabhängigkeit stehen unterdessen vor dem Dilemma, wie sie nun weitermachen sollen. Nehmen sie an den vom spanischen Ministerpräsidenten Rajoy ausgerufenen Wahlen teil, akzeptieren sie die Nichtigkeit der Unabhängigkeitserklärung ihres Parlaments. Verweigern sie sich dem Urnengang, könnten sie in die Bedeutungslosigkeit fallen. Ihre Nachfolger stehen schon bereit.
Die separatistischen Katalanen haben bislang wenig staatliche Reife gezeigt. Sie haben sich auf ein unwägbares Abenteuer eingelassen. Sie sollten jetzt beidrehen und ihre Niederlage eingestehen. Madrid muss das honorieren und darf nicht zum Enthauptungsschlag ansetzen. Beides ist trotz der jüngsten Deeskalation nicht selbstverständlich, aber wichtig für Spaniens Zukunft – wirtschaftlich und politisch. BERICHT GEMÄSSIGTERE TÖNE IM STREIT ..., TITELSEITE
Druck für Rücknahmen
Das einfache Prinzip der Rechtsdurchsetzung gebietet es, dass künftig der Druck auf Herkunftsländer erhöht werden muss, damit sie abgelehnte Asylbewerber als ihre eigenen Staatsbürger zurücknehmen. Ein Rechtsstaat kann es sich allein aus Gründen der Gleichbehandlung nicht gefallen lassen, dass Verfahren in die Länge gezogen und abgelehnte Asylbewerber wegen bürokratischer Hürden übermäßig lang im Land behalten werden. Freilich, humanitäre Argumente müssen auch künftig Ausnahmen möglich machen. Es ist aber folgerichtig, dass nun die EU den Druck auf Herkunftsstaaten erhöht, um Rücknahmen zu beschleunigen. Jeder Hebel, der den Grundsätzen der Menschenrechte entspricht, sollte dabei in Betracht gezogen werden. Klar ist aber auch, dass eine härtere Rechtsdurchsetzung nicht genügt und lediglich Symptome behandelt. Ursachenbekämpfung ist das Mittel der Wahl, angefangen bei globalen Maßnahmen gegen Armut, Vertreibung, Krieg. Das ist langwierig, teuer und mitunter frustrierend – aber bitter nötig. Auch das sollten die Jamaika-Verhandler berücksichtigen. BERICHT
Verdis Verweigerung
Das Anliegen der Gewerkschaft Verdi, die Arbeitsbedingungen für das pflegende Personal in den Kliniken zu verbessern, ist nachvollziehbar. In vielen Krankenhäusern arbeiten die Beschäftigten am Limit. Ein gefährlicher Zustand.
Nicht nachvollziehbar ist allerdings, dass sich Verdi partout weigert, beim Dritten Weg mitzumachen. Denn das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil 2012 ausdrücklich erklärt, dass diese Form der Lohnfindung zulässig ist – vorausgesetzt, die Ergebnisse werden konsequent angewandt und die Gewerkschaften ordentlich beteiligt.
Allen Beteuerungen zum Trotz nimmt man es Verdi nicht ab, dass hinter dem Streik in der katholischen Einrichtung am Ende nicht doch mehr steckt als nur der Wunsch nach einer stärkeren Entlastung des Pflegepersonals. Es ist in Verdis Interesse, wenn der Träger mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen gegen die Streikenden vorginge. Denn das eröffnete der Gewerkschaft den Klageweg, um das System ein weiteres Mal anzugehen. Diesen Gefallen sollten die Arbeitgeber Verdi nicht tun. BERICHT