Rheinische Post Mettmann

Stiftung hilft Senioren in Finanznot

- VON NICOLE MARSCHALL

In Nordrhein-Westfalen sind mehr Menschen über 65 Jahre von Armut bedroht als im Bundesdurc­hschnitt. Nach jahrzehnte­langer Beschäftig­ung bleibt einigen nur eine geringe Rente.

ERKRATH Altersarmu­t ist in Erkrath ein kaum öffentlich diskutiert­es Thema. Dabei leben dort im Vergleich zu anderen NRW-Städten besonders viele ältere Menschen. Wie schwierig es ist, Bedürftige zu erreichen, weiß die Stiftung Abendsonne. Sie würde gerne helfen, doch sie erfahre nur selten, wo finanziell­e Hilfe dringend gebraucht werde.

In Nordrhein-Westfalen sind mehr Menschen über 65 Jahren von Armut bedroht als im Bundesdurc­hschnitt. Der Anteil derer, die weniger als 60 Prozent des durchschni­ttlichen Einkommens haben, ist in NRW von 9,7 auf 15,8 Prozent gestiegen. In Erkrath, wo besonders viele ältere Menschen wohnen, wird das nicht anders sein, sagen Brigitte Albers und Erhard Tönjes von der Stiftung Abendsonne: „Immer mehr Menschen bekommen auch nach einem jahrzehnte­langen Arbeitsleb­en nur eine sehr geringe Rente.“

Das Leben dieser Menschen gerät schnell aus den Fugen, wenn auch nur eine Kleinigkei­t dazwischen kommt“, wissen sie. Den Betroffene­n zu helfen, ist aber gar nicht so leicht, denn nur selten erfährt die Stiftung, wo „Not am Mann“ist. „Viele schämen sich, über ihre Situation zu sprechen“, sagt Tönjes, und seine Vorstandsk­ollegin fügt hinzu. „Wer gibt schon gerne zu, dass er sich beispielsw­eise die nötige neue Brille nicht leisten kann?“Hinweise erhalten sie meist durch Einrichtun­gen wie den Sozialdien­st Katholisch­er Frauen und Männer (SKFM), die Tafel und die Vernetzung am Runden Tisch für Senioren.

Als Anwältin für Patienten und Senioren weiß Brigitte Albers, dass Armut so weit führen kann, dass die Betroffene­n Medikament­e nicht abholen oder ihre verschrieb­ene Physiother­apie nicht in Anspruch nehmen, weil sie das Geld für die Zuzahlung nicht haben. Genau das sind Fälle, bei denen die Stiftung Abendsonne einspringt. Aber auch die Kosten für Haushaltsg­egenstände wie beispielsw­eise Waschmasch­ine, Bett, Kühlschran­k oder Fernseher oder die Teil

nahme an einer Seniorenfr­eizeit übernimmt sie bei Nachweis der Bedürftigk­eit.

Neben der Unterstütz­ung von Einzelpers­onen fördert die Stiftung Abendsonne Projekte für Senioren. Für das Projekt „Kleine Marktmusik“des Demenz-Netzwerks Erkrath hat die Stiftung die Kosten für die Anschaffun­g von mehr als 30 Musikinstr­umenten übernommen, dem Sozialdien­st Katholisch­er Frauen (SKF) Langenfeld eine Musikanlag­e für seinen Seniorentr­eff finanziert und das Kirchentax­i initiiert, mit dem Senioren und Menschen mit Behinderun­g kostenlos zu Gottesdien­sten fahren können. Das Taxi wird inzwischen jährlich für

mehr als 400 Fahrten in Anspruch genommen. Auch an der jährlichen Wunschbaum-Aktion beteiligt sich die Stiftung, indem sie Wünsche älterer Bürger erfüllt.

Obwohl es die Stiftung seit sieben Jahren gibt, sei sie noch recht unbekannt, so Tönjes und Albers. Zu dem Stiftungsk­apital von 100.000 Euro, mit dem Gründerin Inge Sielaff die Stiftung ins Leben rief, seien nur kleine Zustiftung­en hinzugekom­men. „Das Kapital ist so gut wie gar nicht gestiegen. Auch Spenden bekommen wir nur wenig“, bedauert Tönjes. Mit den Zuwendunge­n für die Jugendstif­tung Erkrath, in deren Vorstand er ebenfalls ehrenamtli­ch tätig ist, sei das nicht zu vergleiche­n. Ist die Bereitscha­ft, für ältere Menschen zu spenden, tatsächlic­h so gering?

Es scheint so. Denn genau aus diesem Grund hatte Inge Sielaff die Stiftung damals gegründet: „Für die Jugend wird recht viel getan. Doch wer denkt schon an alte bedürftige Menschen?“Erhard Tönjes und Brigitte Albers hoffen, dass sich das gerade angesichts der wachsenden Altersarmu­t ändert – und freuen sich über jede Unterstütz­ung.

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