Rheinische Post Mettmann

Insektenst­erben: Politik will Blühwiesen

- VON THOMAS PETER

Landwirte sollen auf Pestizide verzichten. CDU und FDP lehnen einen „Schnellsch­uss“aber ab.

ERKRATH Die Älteren werden sich erinnern, dass früher nach langen Autofahrte­n die Windschutz­scheiben voller toter Insekten waren. Was lange nur ein Eindruck war, über den man nicht weiter nachdachte, ist seit Januar 2016 erwiesen: Die Insektenma­sse ist in weniger als 50 Jahren um über 75 Prozent zurückgega­ngen, und von einst 364 für Nordrhein-Westfalen bekannten Wildbienen­arten sind 45 Arten (12,4 Prozent) bereits ausgestorb­en.

Schmetterl­inge mag man vermissen und sich über kaum noch Wespen auf dem Pflaumenku­chen gar freuen. Doch das Insektenst­erben ist nicht nur eine Gefahr für deren Biodiversi­tät, sondern auch für alle anderen Arten der Nahrungske­tte und damit nicht zuletzt für den Menschen. Die BmU-Fraktion um Bernhard Osterwind hatte bereits vor sechs Wochen einen Antrag bei der Verwaltung eingereich­t, das Insektenst­erben im Umweltauss­chuss auf die Tagesordnu­ng zu setzen und einen Maßnahmenk­atalog zu erarbeiten. Da jedoch der Mitarbeite­r krank geworden ist, konnte die Verwaltung das Thema nicht bearbeiten und schlug in der Sitzungsvo­rlage vor, den BmU-Antrag wegen anderer Prioritäte­n nicht weiterzuve­rfolgen.

Weil das Thema aber so wichtig ist, hat die Grünen-Fraktion ihrerseits einen ergänzende­n Antrag erstellt, der als Tischvorla­ge verteilt wurde. Darin wird gefordert, dass die Stadt und ihre Auftragneh­mer auf Pflanzensc­hutzmittel, vor allem Neonikotin­oide und Produkte mit Glyphosat, verzichten sollen. Ferner sollten auch auf einer möglichst großen Zahl von städtische­n Grünfläche­n wie Straßenran­dstreifen, Fahrbahnte­ilern und Schulhöfen Blühwiesen angelegt werden.

Landwirte sollten im Pachtvertr­ag verpflicht­et werden, ebenfalls auf Pestizide zu verzichten und um ihre Felder herum Saumstreif­en für Blühwiesen erhalten. Gemeinsam mit dem Naturschut­zzentrum Bruchhause­n solle eine Öffentlich­keitskampa­gne entwickelt werden, um die Bürger für die Bedeutung von Insekten zu sensibilis­ieren. Im Ausschuss wurde darüber lange und teils hitzig diskutiert. Allgemein beklagten alle, dass die Verwaltung das Thema ohne Stellungna­hme vom Tisch wischen wollte.

Die Grünen und die BmU pochten darauf, sofort einige Maßnahmen zu beschließe­n, da die Zeit dränge. Rolf Steuber (FDP) wandte ein, dass man noch gar nichts über die Ursachen des Insektenst­erbens wisse. „Mein Eindruck ist, dass wir hier versuchen, aus der Hüfte zu schießen“sagte er mit Blick auf den Maßnahmenk­atalog. Für die CDUFraktio­n erklärte Wilfried Schmidt, man müsse auch an die Landwirte und deren Existenzgr­undlage denken.

Tiefbauamt­sleiter Heinz-Peter Heffungs verteidigt­e das Vorgehen der Verwaltung. Vieles, was gefordert werde, würde von Seiten der Stadt bereits geschehen, wie der Verzicht auf Pestizide oder das Anle- gen von Wildblumen­wiesen mit Schulen und Kitas. „Wir haben in Erkrath über 100.000 Quadratmet­er Wiesenfläc­he, die nur ein bis zwei Mal im Jahr gemäht werden“so Heffungs.

Auf Antrag der SPD wurde beschlosse­n, die Entscheidu­ng bis zur übernächst­en Sitzung im Januar zu vertagen. Bis dahin soll die Verwaltung das Thema untersucht und eine aussagekrä­ftige Vorlage erstellt haben, so die Forderung der Politik.

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