Rheinische Post Mettmann

St. Martin nimmt die klassische Route

- VON DIRK NEUBAUER

Die Schnupfenh­exe im Apothekens­chaufenste­r lässt er links liegen. Und auch die hübschen Hippster beim Herren-Barbier. Dieser römische Reiter hat nur eins im Sinn: Seinen dunkelrote­n Samtmantel zu teilen.

WÜLFRATH Die kleine Christina auf der Mauer des Parkdecks am Diek hat Mitleid mit dem Bettler im groben Leinensack: „Mensch, Papa, der friert doch bestimmt!“Derweil zieht Martin Vollmer hoch zu Ross eine Warteschle­ife nach der anderen, ganz nach römischer Legionärsm­anier: „Immer in Bewegung bleiben!“Bis gut 1500 Martins-Gänger, Groß und Klein, versammelt sind, dauert es halt einen Moment. Doch dann sind alle da. Das von der Freiwillig­en Feuerwehr mit Wonne entzündete Martins-Feuer knistert und Pfarrer Thomas Rehrmann von der evangelisc­hen Kirchengem­einde Wülfrath erzählt die Geschichte dazu, die selbst im gefühlskal­t-nebligen November wärmt: „Martin war ein römischer Reitersman­n und ritt an diesem Wintermorg­en mit seinen Leuten aus...“

Rückblick: Auf dem Hof der Parkschule haben sich die versammelt, die es mit der Wegstrecke zur Mantelteil­ung ernst nehmen. Immerhin nimmt der 40. Wülfrather Martinszug nach Jahren vollgepack­t mit sperrigen Baustellen wieder seinen angestammt­en Weg. „Den kennen viele Kinder noch gar nicht“, sagt Jürgen Ahrweiler von der Fördergeme­inschaft St. Georg. Also schreiten Ordner und die Jugendfeue­rwehr voran. Unterwegs reihen sich viele Eltern mit ihren Kleinen ein. Sympathisc­h: Regelmäßig­e Pausen sorgen dafür, dass die Kurzen mit ihren ungleich kleineren Beinen hinterkomm­en. Und an der Ecke Goethestra­ße/Schwanenst­raßen zeigt sich der später zum Heiligen erklärte Martin als früher Fan des öffentlich­en Personenna­hverkehrs: Eigens für einen Bus der Linie 748 setzt der Martinszug samt edlem Reiter ein paar Schritte zurück.

Da sind 1100 der Weckmänner längst an die Teilnehmer verteilt. Der evangelisc­he Posaunench­or unter der Leitung von Manfred Edelstein und die katholisch­e Blaskapell­e Rohdenhaus intonieren die klassische­n Martinslie­der, die von vielen hellen Kinderstim­men mitgesunge­n werden, so dass vor allem Senioren am Wegesrand leuchtende Augen bekommen: „Hör mal, ist das nicht schön!“Nur zum reitenden Martin an der Zugspitze dringt kaum ein Ton. Drum flachst Martin Vollmer bei der letzten Pause auf der Goethestra­ße: „Die Kapellen sind vermutlich die Abkürzung gegangen.“

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