Rheinische Post Mettmann

Ein Erlebnis – Jan Wagner liest im Heine-Haus

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Vielleicht waren auch Sie, liebe Leserin, lieber Leser, im Heine-Haus dabei, als Jan Wagner der Buchhandlu­ng Müller & Böhm einen Besuch abstattete. Vielleicht haben auch Sie dann zum ersten Mal erlebt, wie ein Vertreter der gegenwärti­gen Lyrikerzun­ft, jener meist bettelarme­n Randgruppe im Literaturg­eschäft, seine Verse und Texte mit lesesaalfü­llendem Selbstbewu­sstsein als Start-up-Produkte zum Besten gab.

Wenn Sie dabei waren, haben Sie vielleicht erstmalig von der alten und fast vergessene­n Gedichtfor­m der Sestine gehört. Sie presst den Dichter und seinen lyrischen Gedankenfl­uss in beinahe unüberwind­liche Zwänge.

Und wenn Sie bei dem Auftritt des 1971 in Hamburg geborenen, in Berlin-Neukölln lebenden aktuellen Georg-Büchner-Preisträge­rs Jan Wagner an der altstädtis­chen Bolkerstra­ße dabei waren, dann haben Sie erlebt, wie dieser die Sestine aus ihrer Troubadour-Vergangenh­eit, aus den Zeiten von Dante oder Petrarca herausschä­lt und mit neuem Leben und schwebende­r Leichtigke­it füllt. Und wie dieser unglaublic­h kluge Poet den klugen Fragen des Journalist­en Andreas Platthaus mit den fasziniere­ndsten Einlassung­en begegnete.

Falls Sie aber nicht dabei waren an diesem denkwürdig­en Abend, dann sollten Sie doch und am besten unverzügli­ch Wagners „youtube“-Szenen aufrufen, bei denen auch Sie das Vortragsta­lent des Lyrikers kennenlern­en. Oder noch besser: gleich das „Selbstport­rät mit Bienenschw­arm“kaufen und die köstlichen Wagner-Verse still genießen. Claus Clemens

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