Früherkennung und neue Therapieansätze schützen Diabetiker vor Sehverlusten
Diabetes mellitus kann auch Gefäßschäden an der Netzhaut verursachen , die unbehandelt zu schweren Sehbeeinträchtigungen führen können. Moderne Früherkennung und neue Therapieansätze können dazu beitragen, das Augenlicht von Diabetikern zu erhalten.
Unter dem Begriff Diabetes mellitus wird eine Gruppe von Erkrankungen zusammengefasst, die zu einem erhöhten Blutzuckerspiegel führen. Die Erkrankung betrifft in Deutschland über sechs Millionen Menschen aller Altersgruppen, wobei die Dunkelziffer auf ein bis zwei Millionen geschätzt wird. Sie ist in den Industrieländern die häufigste Erblindungsursache bei Menschen mittleren Alters.
Auch Kinder und Jugendliche können betroffen sein. Sieben bis acht Prozent der erwachsenen Bevölkerung haben nach Schätzungen einen diagnostizierten Typ-2-Diabetes. Laut Studien steigt die Zahl der Betroffenen ab einem Alter von 50 Jahren sprunghaft an. Bei allen Diabetikern, unabhängig vom Diabetes-Typ, verändern sich durch den erhöhten Blutzuckerspiegel die kleinen Gefäße der Netzhaut des Auges: Die Gefäßwände verdi- cken sich, es entstehen kleine Gefäßausbuchtungen, aus denen Blut austritt mit der Folge, dass die Netzhaut anschwillt. Man spricht dann von einer diabetischen Retinopathie. Im Spätstadium der Erkrankung bilden sich aufgrund einer Unterversorgung der Sinneszellen krankhafte, undichte Gefäße, die zu Einblutungen in das Innere des Auges führen, den Glaskörper. Bei der sogenannten diabetischen Makulopathie betreffen die Schädigungen die Makula, den Punkt des schärfsten Sehens in der Netzhautmitte.
Das Gefährliche daran ist, dass Betroffene im Frühstadium von diesen Veränderungen kaum etwas spüren. Sehverschlechterungen machen sich erst im Spätstadium bemerkbar. Bereits eingetretene Gefäßschäden sind dann jedoch nicht mehr rückgängig zu machen. Und je länger ein Diabetes besteht, desto größer ist in der Regel der Schaden an der Netzhaut. Rund 24 Prozent der Patienten, die länger als zehn Jahre an Typ-2-Diabetes erkrankt sind, leiden unter einer Retinopathie. Deshalb sollten Diabetiker jeden Alters einmal jährlich zum Augenarzt gehen und ihre Netzhaut untersuchen lassen. Dank moderner OCT-Diagnostik sind für erfah- rene Augenärzte schon minimale Veränderungen sehr gut erkennbar.
„Stellen wir bei einer der regelmäßigen Untersuchungen auf diabetesbedingte Augenkrankheiten eine beginnende Retinopathie fest, so kann die Veränderung an den Gefäßen im Auge in den meisten Fällen durch eine ambulante Laser- behandlung oder eine Kombinationstherapie mit Medikamenten noch aufgehalten werden, bevor es zu bleibenden Beeinträchtigungen der Sehkraft kommt. Darüber hinaus muss in Kooperation mit dem behandelnden Facharzt der Blutzucker richtig eingestellt und überwacht werden“, erklärt Augenarzt Dr. Hakan Kay- mak, der das neue MakulaNetzhaut-Zentrum Retinet in Düsseldorf-Oberkassel leitet und sich schwerpunktmäßig mit der Behandlung von diabetesbedingten Augenerkrankungen befasst.
Die Therapie von diabetesbedingten Netzhauterkrankungen mit einem speziellen Nanolaser ist gewebeschonend und kann im Frühstadium bereits angewendet werden. Sie ist auch kombinierbar mit Medikamenten, die in bestimmten Abständen direkt in das Innere des Auges eingebracht werden, zum Beispiel sogenannte VEGF-Hemmer, die das Gefäßwachstum eindämmen. Reicht deren Wirkung nicht oder spricht der Patient darauf nicht an, so stehen Medikamente mit einer Langzeitwirkung zur Verfügung, die über eine Dauer von drei Monaten bis zu zwei Jahren entzündungshemmende Wirkstoffe ins Augeninnere abge- ben. „Medikamente mit Langzeitwirkung sind für Patienten deutlich weniger belastend und verbessern die Lebensqualität, weil sich unter der Therapie die Sehschärfe nicht so häufig verändert.“erklärt Dr. Kaymak.
Ist die Krankheit so weit fortgeschritten, dass die ersten Symptome spürbar werden, so ist eine dauerhafte Sehbehinderung bis hin zur Erblindung unter Umständen nur durch einen chirurgischen Eingriff am Auge zu verhindern. Doch auch diese Eingriffe sind heute mit schonender Operationstechnik durchführbar. Wie aufwendig die Behandlung am Ende ist und welcher Anteil der ursprünglichen Sehfähigkeit erhalten werden kann, hängt davon ab, wie groß der Schaden zum Zeitpunkt der Diagnose ist.