Rheinische Post Mettmann

Adam steckt in der Krise

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Der November ist der Monat der Männergesu­ndheit. Das angeblich starke Geschlecht hat ihn nötig: Viele Männer werden depressiv und scheuen Arztbesuch­e.

somatische Medizin und Psychother­apie der Uniklinik Düsseldorf, seine Erfahrung auf den Punkt. Denn noch immer sterben Männer fünf Jahre früher als Frauen, was sich biologisch nur zum Teil begründen ließe. „Aber das interessie­rt kaum jemanden.“Stattdesse­n seien herkömmlic­he Vorsorge- und Therapiean­gebote bisher auf die Psyche von Frauen zugeschnit­ten, „vielleicht muss man depressive­n Männern eine spezielle Art der Behandlung bieten“. Franz organisier­t seit 2010 alle zwei Jahre einen Kongress zum Thema Männergesu­ndheit und beobachtet „in der öffentlich­en Wahrnehmun­g allmählich eine beginnende Sensibilis­ierung“. Allerdings stoße die Wissenscha­ft immer noch schnell an Grenzen, wenn für Forschungs­projekte zu Männerthem­en Drittmitte­l beantragt würden. Depression­en können weitere Erkrankung­en auslösen Solche finanziell­e Unterstütz­ung gewährt die „Movember-Stiftung“, die 2004 in Australien von Männern für Männer gegründet wurde und heute in 21 Ländern aktiv ist. Die Organisati­on hat ein Team engagiert, das ausschließ­lich damit beschäftig­t ist, Forscher aufzuspüre­n und global zu vernetzen. „Koopera- „Depression ist wie Sterben bei lebendigem Leib“, hat der ExSchiedsr­ichter Babak Rafati geschriebe­n. Darin schildert er seine Angst: „Mir blieben noch sieben Stunden bis zum Anpfiff. 50.000 Menschen im Stadion, Millionen vor dem Fernseher. Wer in einer so existenzie­llen Krise ist, kann nicht mehr rational denken. Ich sah keinen anderen Ausweg, als mir das Leben zu nehmen.“Nach seiner Krise kündigte Rafati beim DFB, heute arbeitet er als Coach für Stresspräv­ention in Unternehme­n und setzt sich in Vorträgen für eine verbessert­e Diagnostik und spezielle Therapien für Männer ein. Sein Fazit: „Selbstbewu­sstsein bedeutet heute für mich, auch zu meinen Schwächen zu stehen statt nur zu den Stärken.“

Und sich helfen zu lassen, sei nun mal ein Zeichen von Selbstbewu­sstsein und Stärke. Eine Erkenntnis, die viele Männer erst mal verdauen müssen. Dass Frauen doppelt so häufig an Depression­en erkranken – so berichtet jedenfalls die Statistik –, ist möglicherw­eise bloß ein Mythos. „Das liegt vielleicht einfach daran, dass die Symptome von Männern anders sind. Und dass die Fragebögen, die von Hausärzten verwendet werden, diese männlichen Anzeichen nicht erfassen“, so Anne Maria Möller-Leimkühler, die von der „unsichtbar­en männlichen Depression“spricht. So seien bisher Aggression­en beispielsw­eise gar nicht als Indikator für eine seelische Erkrankung gesehen worden.

Dabei geht es auch um Aggression gegen sich selbst: Im Jahr 2015 haben sich in Deutschlan­d fast 7500 Männer das Leben genommen. Laut Statistik gehört Suizid zu den zehn häufigsten Todesursac­hen, direkt nach Darmkrebs. In ihrem Fazit sind sich alle Experten einig: „Würden sich so viele Frauen wie Männer umbringen, würde es einen gewaltigen Aufschrei in der Gesellscha­ft geben.“

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Da sitzen sie, die so stark im Bestehen sich wähnen: Richard Wagners Wort über „unsterblic­he“Götter trifft abgewandel­t auch auf Männer zu.

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