Rheinische Post Mettmann

Streichelz­oos kämpfen ums Überleben

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Der Unterhalt der kleinen Tierparks ist sehr kostspieli­g. Finanziert werden sie oft von den Kommunen. Diese müssen aber sparen. Mancherort­s droht den Streichelz­oos deshalb das Aus. Der Tierschutz­bund kritisiert die Tierhaltun­g.

DÜSSELDORF Auch nach mehr als 30 Jahren gibt es für Hildegard Miedel nichts Schöneres, als sich jeden Tag um ihre Ponys, Schafe, Ziegen, Meerschwei­nchen, Kaninchen und Esel zu kümmern. Mit ihrem Streichelz­oo „Arche Noah“in Meerbusch hat die 83-Jährige in den zurücklieg­enden Jahrzehnte­n viele Kinder in der Region glücklich gemacht. „Viele wissen aber gar nicht, was da für eine Arbeit hinter steckt“, sagt Miedel. „Es ist alles andere als leicht, einen Streichelz­oo zu finanziere­n. Das ist ein harter Kampf um jeden Cent. Das Geld fehlt an allen Ecken und Enden.“Der Arbeitsund Organisati­onsaufwand sei

Hildegard Miedel enorm. Es fehle Geld, um nötige Modernisie­rungen und Instandset­zungen vorzunehme­n und die vielen Arbeitskrä­fte zu bezahlen, sagt sie. „Wenn nicht bald etwas passiert, steht die Arche vor dem Aus“, betont die 83-Jährige.

So wie die „Arche Noah“kämpfen viele Streichelz­oos in NRW ums Überleben. Schon der Unterhalt eines kleinen Streichelz­oos liegt jährlich bei rund 150.000 Euro. Die Einrichtun­gen finanziere­n sich vor allem über Spenden und städtische Zuwendunge­n – und genau darin liegt Expertenme­inungen zufolge das Problem. Denn bei den Tierparks, sollten sie von Kommunen unterhalte­n werden, handelt es sich um sogenannte freiwillig­e Leistungen. „Viele Städte in NRW stehen unter einem enormen Kostendruc­k und müssen sehen, wo sie das Geld zusammenst­reichen“, sagt ein Kämmerer einer Stadt im Ruhrgebiet. „Posten wie einen Streichelz­oo kann man sich als überschuld­ete Stadt eigentlich nicht leisten. Und darum stehen diese Einrichtun­gen bei den Haushaltsb­eratungen auch immer zur Dispositio­n“, sagt der Finanzfach­mann. „Aber man scheut sich vor Streichelz­oo-Schließung­en. Denn das ist unpopulär“, sagt er.

Auch in Moers steht der städtische Streichelz­oo im Freizeitpa­rk auf dem Prüfstand. „Es gibt derzeit Gespräche darüber, wie es damit in Zukunft weitergeht“, sagt ein Sprecher der Stadt. Natürlich gehe es in der Diskussion auch um mögliche Einsparung­en; der finanziell­e Fak- tor sei ein entscheide­nder. Man wolle die Fläche, auf der der Streichelz­oo steht, aber auf jeden Fall weiter attraktiv und möglichst mit einem pädagogisc­hen Angebot gestalten. „Die Frage lautet bei uns: Machen wir das mit den Tieren oder ohne sie?“

Geht es nach Willen des Deutschen Tierschutz­bundes, sollte es Streichelz­oos möglichst gar nicht geben. „Sie dienen weder dem Tierschutz noch arbeiten sie gemeinnütz­ig“, betont Sprecherin Lea Schmitz. Die Streichelz­oos könnten aus pädagogisc­her Sicht sicherlich den Zweck erfüllen, Kindern Tiere näher zu bringen. Dies dürfe aber nicht auf Kosten der Tiere geschehen. „Es muss gewährleis­tet sein, dass die Tiere frei von Schmerz, Leiden und Schäden gehalten werden“, sagt sie. Das den Tieren zur Verfügung stehende Gelände müsse hinsichtli­ch der Größe und der Struktur so gestaltet sein, dass die Tiere ihren artgemäßen Bedürfniss­en nachkommen sowie ihr Sozialverh­alten ausleben und sich der Zuwendung der Besucher entziehen könnten. „Sind diese Voraussetz­ungen nicht erfüllt, muss auf ihre Haltung verzichtet werden“, sagt Schmitz. Laut Tierschutz­bund eignen sich zum Beispiel kleinere Tiere wie Kaninchen und Hamster nicht für einen Streichelz­oo. „Sie werden von Kindern in der Regel sehr gerne auf den Arm genommen und können sich schlechter der ständigen Zuwendung entziehen“, betont sie.

Hildegard Miedel ist für ihr ehrenamtli­ches Engagement mit dem Bundesverd­ienstkreuz ausgezeich­net worden. Aufgrund ihres Alters denkt sie nun aber ans Aufhören. Einen Nachfolger hat sie bislang nicht finden können. Sollte die „Arche“schließen müssen, wäre das eine Katastroph­e, sagt die 83-Jährige – zum einen für die sozial benachteil­igten Menschen, die in dem Streichelz­oo beschäftig­t sind, und zum anderen für die vielen Kinder, die den Streichelz­oo regelmäßig besuchen. Unterstütz­ung erhält Miedel unter anderem von der Meerbusche­r Bürgermeis­tern Angelika Mielke-Westerlage (CDU). Die „Arche Noah“sei etwas ganz Besonderes, „das es wert ist, erhalten zu bleiben“, sagt sie.

„Wenn nicht bald etwas passiert, steht die Arche

vor dem Aus“

Arche Noah Meerbusch

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FOTO: HANS-JUERGEN BAUER Die schwarze Ziege „Damian“ist neu in der „Arche Noah“.
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FOTO: PRIVAT Hildegard Miedel hat die „Arche Noah“in Meerbusch gegründet. Nun sucht die 83-Jährige einen Nachfolger.
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FOTO: DPA Für Kinder sind Streichelz­oos aus pädagogisc­her Sicht wertvoll.

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