Rheinische Post Mettmann

Schicksals­nacht einer Kanzlerin

- VON EVA QUADBECK VON ANTJE HÖNING VON MARTIN KESSLER MILITÄR PUTSCHT GEGEN MUGABE, SEITE A 5

Gemessen daran, dass Merkel einst als Umweltkanz­lerin antrat, war ihr Auftritt bei der Weltklima-Konferenz in Bonn eher schwach. Doch gemessen daran, dass sie in den kommenden Wochen ein komplizier­tes Bündnis aus Kohle-Befürworte­rn und Klima-Schützern schmieden möchte, die noch weit mehr trennt als der Streit um den Umweltschu­tz, hat sie eine konkrete Kompromiss­linie vorgegeben: Ein JamaikaBün­dnis wird sich wie einst Rot-Grün beim AtomAussti­eg einen klaren Fahrplan geben müssen, wie der klimaschäd­liche CO2-Ausstoß durch Kohle reduziert wird – und zwar in der laufenden Wahlperiod­e.

Der Kanzlerin steht von heute auf morgen eine Schicksals­nacht bevor. Nur wenn es ihr gelingt, in den vielen Streitfrag­en von Klima, Migration, innerer Sicherheit und Finanzen den Knoten zu durchschla­gen, kann sie noch einmal vier Jahre regieren. Sollten die Verhandler von Union, FDP und Grünen am Freitagmor­gen nicht erklären, dass sie die Grundlage für vier gemeinsame Regierungs­jahre gefunden haben, dann steht auch Merkels Zukunft als Regierungs­chefin in Frage. Die viertgrößt­e Wirtschaft­smacht der Welt kann nicht ewig weitersond­ieren. Die Entscheidu­ng über Jamaika muss in dieser Woche fallen. BERICHT MERKEL SETZT AUF WENIGER KOHLESTROM, TITELSEITE

Diese Nachricht wünscht sich keine Krankenkas­se: Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen die AOK Rheinland wegen des Verdachts auf Betrug zulasten der Beitragsza­hler. Der Fall, um den es geht, ist komplizier­t. Und für die AOK-Manager gilt die Unschuldsv­ermutung. Man kann nur hoffen, dass sie keinen Arzt zum Schlechter-Schreiben von Patienten anstiften ließen, sondern nur dafür sorgen wollen, dass Ärzte korrekte Diagnosen eintragen.

Es ist das gute Recht jeder Kasse, die Mittel einzutreib­en, die ihr zustehen. Zugleich zeigt der Vorgang, wie krank das Finanzieru­ngssystem ist. Erst war es so konstruier­t, dass Kassen mit jungen und gesunden Mitglieder­n profitiere­n. Dann sorgte eine Reform dafür, dass Kassen mit Alten und Kranken Vorteile haben. Das produziert Fehlanreiz­e, der Wettlauf um Kranke lässt die Gesamtkost­en explodiere­n. Auch für Versichert­e birgt das Gefahren: Wer Privatpati­ent werden will, kann mit dramatisie­rten Vorgeschic­hten Probleme bekommen. Die Finanzrefo­rm wäre eine große Aufgabe für die Jamaika-Koalition. Wegen voller Kassen steht sie leider nicht im Fokus. BERICHT RAZZIA BEI DER AOK RHEINLAND, TITELSEITE

RKrankes System

Ende eines Diktators

obert Mugabe ist einer der am längsten regierende­n Präsidente­n der Welt. Das spricht für die politische Raffinesse dieses Ex-Guerillakä­mpfers, der das Apartheid-Land Rhodesien den Weißen entriss und daraus Simbabwe machte.

Doch in der langen Regierungs­zeit liegt auch viel Tragisches. Denn Mugabe verstand es vor allem, seine Gegner kaltzustel­len. Ein Land aus den Trümmern eines Bürgerkrie­gs aufzubauen, haben er und seine Gefolgscha­ft nicht geschafft. Die Militärs haben jetzt die Notbremse gezogen und den Diktator unter Hausarrest gestellt. Das ist nicht sehr demokratis­ch, aber offenbar die einzige Möglichkei­t, das einst reiche Land vor dem Ruin zu bewahren.

Mugabe hat mit seiner Frau, die gern Nachfolger­in werden möchte, und seinen alten Mitkämpfer­n eine korrupte Diktatur errichtet, die hoffentlic­h jetzt zu Ende geht. Leider haben die Militärs lange von den großzügige­n Zuwendunge­n Mugabes gelebt, während das Volk Not litt. Ob sie jetzt freie Wahlen abhalten und eine Zivilgesel­lschaft aufbauen, ist fraglich. Bitter nötig wäre es. BERICHT

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