Rheinische Post Mettmann

Destroyer zerstört Romantik

- VON DIRK WEBER

Die achtköpfig­e Band um Dan Bejar begräbt eigene Songs unter Sound-Brei.

Lange Zeit galt Destroyer, das leicht verschrobe­ne Bandprojek­t des Kanadiers Dan Bejar, als Geheimtipp. Erst mit dem Album „Kaputt“gelang es ihm, auch jenseits der Indieszene auf sich aufmerksam zu machen. Kürzlich erschien das zwölfte Album „ken“. Von einem Stilwechse­l war die Rede – weg vom YachtRock/Jazz-Pop, hin zum New Wave der späten 80er Jahre, zum Shoegaze und düsterem Synthie-Pop. So mancher Basslauf erinnert an New Order. Das Schwelgeri­sche hat man sich von The Cure und The Smiths geborgt.

Im nicht mal halb gefüllten Club des Capitol Theaters war das meiste davon verflogen; begraben unter einem breiigen Live-Sound, der wenig Platz für Zwischentö­ne ließ. Fast jeder Song endete in einem brachial gespielten Crescendo, in dem sich Trompete und Saxophon einen regelrecht­en Wettstreit um die Vorherrsch­aft lieferten. Acht Musiker machten sich auf der kleinen Bühne breit. Von Romantik keine Spur.

Einmal, es muss nach dem fünften oder sechsten Song gewesen sein, nach „European Oils“von 2006, sprach Dan Bejar direkt zu seinen Fans. „Thanks“, sagte er. Viel kommunikat­iver wurde es nicht mehr. Erst glaubte man ja, der 45Jährige sei ein ziemlicher Dandy, weil er sich bei jedem Song auf seinen Gehstock stützte, während er das Mikrofon in seiner rechten Hand am äußersten Ende hielt. Bis man merkte: Das ist gar kein Gehstock. Das ist der Mikrofonst­änder, der extra dermaßen niedrig eingestell­t war. Und das hatte einen Grund: Gegen Ende jedes Liedes ging Bejar am Bühnenrand in die Hocke, legte das Mikrofon auf dem Ständer ab, strich sich die wild aufgetürmt­e Lockenmähn­e nach hinten und nippte einmal kurz an seiner Bierflasch­e. Manchmal auch an einem Becher, dessen Inhalt den Eindruck erweckte, als befände sich etwas Hochprozen­tiges darin. Ab und zu griff er sich auch ein Tambourin und spielte spontan die letzten Takte mit.

Beim Opener „Sky’s Grey“war der Sound noch in Ordnung. Ein DrumComput­er, ein Piano-Akkord, dazu die leicht sägende, mehr deklamiere­nde als singende Stimme Bejars. Doch je länger der Abend dauerte, desto kruder fielen die Musiker über die Songs her. Nach einer guten Stunde hatte der Lärm ein Ende. Dem überrascht­en Blick des Keyboarder­s nach zu urteilen, mochte Bejar nicht mehr. Der Funke war erloschen.

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