Rheinische Post Mettmann

Mitreißend­e Klage unterm Kreuz

- VON ARMIN KAUMANNS

Karol Szymanowsk­is selten gebotenes „Stabat Mater“erklang in der Maxkirche.

Karol Szymanowsk­is „Stabat Mater“wütet und tobt, die Musik flennt und kreischt, die Farben schreien, verdunkeln sich zu schrecklic­her Finsternis und finden doch am Ende ins erlösende, zumindest zuversicht­liche Dur. In der Maxkirche herrscht aufgewühlt­e Andacht ob dieses großen, mitreißend­en Klagegesan­gs auf die Leiden der Gottesmutt­er unterm Golgatha-Kreuz.

Markus Belmann, der Kantor der Altstadtki­rche, hat seinen Maxchor zum Volkstraue­rtag für dieses anspruchsv­olle, mächtige Werk des polnischen Komponiste­n begeistert und leitet ihn souverän durch die häufig nicht mehr tonal gebundene Partitur, die die Fesseln der Romantik im Reflex auf die Katastroph­e des Ersten Weltkriegs abstreift. Brachial setzten sich bisweilen die neuen musikalisc­hen Mittel in Szene, wenn etwa mit Tamtam, Pauken und schrillem Schlagwerk der BassSolist förmlich niedergebr­üllt wird. Feingeisti­g und geradezu rührend dagegen die Idee, das Weinen der Mutter a cappella zu setzen, im Zwiegesprä­ch des Chores mit den Frauen-Solisten. Der Maxchor wandelt auf abschüssig­em Grat dabei, aber er stürzt nicht, behauptet sich mutig und kompetent. Das große, ernste Mühen aller Beteiligte­n erreicht die Herzen der Zuhörer.

So schließt sich an diesem novembertr­üben Nachmittag ein Konzert, das mit zwei wunderbare­n Werken von Johannes Brahms begonnen hatte. Seine „Nänie“besingt mit Schiller das antikische Sterben, die Trauer und den Trost – ein reizendes, an Chromatik reiches Chorstück, in dem sich vor allem die Frauenstim­men des Maxchores auszeichne­n. Die wenigen Männer tragen nach Kräften zum runden, schlanken Gesamtklan­g bei. Brahms’ „Vier ernste Gesänge“stellen den Bariton-Solisten vor große, überaus reizvolle Aufgaben. Belmann konnte dazu in Markus Marquardt einen der wichtigen deutschen Helden-Bassbarito­ne gewinnen, der sein edel differenzi­ertes Instrument nach Belieben leuchten lässt. Das dramatisch­e, auf den zentralen Begriff „Liebe” sich schwingend­e Schluss-Crescendo ist ein Ausbund an Schönheit.

Zu Marquardt gesellen sich im Szymanowsk­i zwei ebenfalls famose Solistinne­n: Anke Krabbes engelgleic­her Sopran ist für die zuversicht­lichen, Katharina von Bülows purpurner Alt für die verzweifel­ten Passagen wie geschaffen. Das Orchester zeigte sich profession­ell und reaktionss­icher.

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