Rheinische Post Mettmann

Politiker diskutiert mit Jugendlich­en

- VON GÜNTER TEWES

Landtagsab­geordneter Martin Sträßer erläuterte Schülern der Freien Aktiven Schule die Kunst politische­r Kompromiss­e, nachdem die Jamaika-Sondierung­en in der Nacht zu gestern platzten.

WÜLFRATH Politik ist für Martin Sträßer das Ringen um Kompromiss­e. Wie zum Beweis legt er bei der Diskussion mit Oberstufen­schülern der Freien Aktiven Schule Wülfrath (FASW), die den CDU-Landtagsab­geordneten gestern eingeladen hatte, im Unterricht­sgebäude an der Düsseler Straße den Koalitions­vertrag auf den Tisch. Nein, bei dem 120-Seiten-Papier handelt es sich nicht um eine Einigung, die man sich für Berlin gewünscht hätte, sondern das Sondierung­sergebnis, auf das sich seine Partei mit der FDP in NRW verständig­te. „Die in Berlin sind daran gescheiter­t“, sagt Sträßer angesichts der geplatzten JamaikaSon­dierungen in der Nacht zu Montag. Zu zweit sei es die Verständig­ung aber auch einfacher als mit vier Parteien.

Dass die CDU/FDP-Koalition im Düsseldorf­er Landtag nur über eine hauchdünne Ein-Stimmen-Mehrheit verfügt, schildert er den Schülern als Herausford­erung für die politische Arbeit. „An mir hängt die ganze Regierung“– gleichwohl könnten dies auch all die anderen von sich behaupten, schmunzelt der Wülfrather.

Warum es die Christdemo­kraten als stärkste Partei auf Bundeseben­e denn nicht alleine machen, fragen Schüler in der lebendigen Diskussi- on, die sich sogleich entwickelt: „Hätten Sie ein Problem mit einer Minderheit­sregierung in Berlin?“Sträßer wertet dieses Unterfange­n als eine „riskante Sache“. Seine Sorge ist, dass dies statt richtungsw­eisender Entscheidu­ngen immer nur zu Minimallös­ungen mit wechselnde­n Mehrheiten führen würde. „Eine Minderheit­sregierung ist der Weg der kleinsten Kompromiss­e.“Weil es für Lehrer damals quasi kaum Einstellun­gschancen gab, hatte sich der 57-jährige Vater von drei Kindern für ein Jura-Studium entschiede­n. Der Schulpolit­ik sei aber stets treu geblieben. Das Erringen des Direktmand­ats im Mai und damit der Einzug in den Landtag hat für das Wülfrather Stadtratsm­itglied den Wechsel zum Berufspoli­tiker bedeutet. Vorher habe er aber bereits im Umkreis der Politik gearbeitet – als Lobbyist für die chemische Industrie. Ohne Interessen­vertreter könne Politik nicht funktionie­ren, antwortet er auf Schülerfra­gen. Warum er sich als Partei für die CDU entschiede­n hätte – Sträßer zeigt auf das franziskan­ische Kreuz, das er stets trägt. Sein christlich­es Menschenbi­ld habe ihn schon immer sehr geprägt. Der Landtagsab­geordnete macht keinen Hehl aus seinen Problemen mit Waffenexpo­rten. Nicht umsonst widmet er sich gänz- lich anderen politische­n Schwerpunk­ten bei seiner Arbeit in den Landtagsau­sschüssen: Bildung, Wissenscha­ft sowie dem neuem Bereich Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen.

„Es ist sehr erfrischen­d“, sagen die 19-jährigen Julius Schneider und Jan Cochius aus der AbschlussK­lasse 13 der Freien Aktiven Schule über die Diskussion, die einen weiten Bogen von Sträßers Landtagsal­ltag bis zu politische­n Themen wie Digitalisi­erung und gleichgesc­hlechtlich­er Ehe spannt.

FASW-Geschäftsf­ührer Robert Freitag bezeichnet es als sehr wertvoll, wenn Schüler einen direkten Kontakt zur Landespoli­tik bekommen, dadurch Informatio­nen aus erster Hand und Inspiratio­n zur eigenen politische­n Betätigung erhalten.

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