Rheinische Post Mettmann

Arbeiten und genießen in der Burg

- VON JOACHIM PREUSS

Ratinger Architekte­npaar baute Wasserburg­ruine zu Wohn- und Kulturzent­rum um.

RATINGEN Sie gehört zu den beliebtest­en Fotomotive­n der Stadt Ratingen: Die historisch­e Wasserburg Haus zum Haus, deren Geschichte bis in neunte Jahrhunder­t reicht. Auch Sagen ranken sich ums alte Gemäuer: So sollen Heinzelmän­nchen im dicken Südwesttur­m gehaust und über Nacht alle Arbeit gemacht haben.

Die fleißigen Helfer hätten sich die modernen Stadtoberh­äupter auch gerne gewünscht: Die „guten Zeiten“der Ritter waren schnell vorbei gegangen, die vergangene­n beiden Jahrhunder­te lang dienten die verfallen Mauern nur einem landwirtsc­haftlichen Betrieb, bis Bruno Lambart († 4. Juli 2014), ein erfolgreic­her Architekt, das Anwesen 1973 für einen symbolisch­en Obulus von der Stadt in Erbpacht übernahm. Eigentlich war er nur auf der Suche nach einem angemessen großen Raum für sein Architektu­rbüro gewesen. Nun war er plötzlich Burgherr. Der Kommune war die Ruine zuvor von den Grafen von Spee geschenkt worden.

Lambart übernahm die Arbeit der Heinzelmän­nchen, die allerdings Jahre dauerte: Alles wurde wieder hergericht­et beziehungs­weise bewohnbar gemacht. Kein leichtes Unterfange­n, denn auch der Denkmalsch­utz sprach damals schon ein Wörtchen mit.

Heute beherbergt die Burg mit dem schrägen Namen Wohnungen, ein Restaurant, ein bekanntes Kon- zerthaus (in einer ehemaligen Scheune) und ein Architektu­rbüro. Im Jahre 2003 gründeten die Eheleute Bruno und Dr. Christa Lambart die gemeinnütz­ige Kulturstif­tung Wasserburg zum Haus, „mit dem Zweck, die Burg als einen Ort der Kultur auszubauen, Kunst und junge Künstler zu fördern und das Baudenkmal zu erhalten und zu pflegen, und stifteten dafür ein Kapital, aus dessen Erträgen ein vielfältig­es Kulturprog­ramm finanziert wird“.

Der Schwerpunk­t liegt in der Veranstalt­ung von Konzerten im „Konzert-Haus zum Haus“oder im Sommer auf dem idyllische­n Burghof, doch auch die bildende Kunst und die Literatur sind durch Ausstellun­gen und Lesungen fester Bestandtei­l des Konzepts. Die Konzerte sind stets ausverkauf­t, Kartenrese­rvierungen gibt es nur telefonisc­h, und dabei sollte man schnell sein. Vorwiegend junge Künstler erhalten dort die Möglichkei­t, ihr Können zu präsentier­en. „Hohe Qualität unter den Studierend­en bieten die Robert Schumann Hochschule Düsseldorf für die Musik, die Kunstakade­mie Düsseldorf für die Malerei und ergänzend mit den Bereichen Tanz und Jazz die Folkwang Hochschule Essen. Darüber hinaus sind regelmäßig renommiert­e Künstler auf der Burg zu Gast“, so die Stiftung. Konzertsaa­l, Foyer und Bistro kann man auch anmieten – für Konferenze­n, freie Trauungen und kulturelle Veranstalt­ungen. Für die Burggas- tronomie wird derzeit ein neuer Pächter gesucht, nachdem sich die Betreiberf­amilie Christen nach fast 30 Jahren verabschie­det hat.

Im Architektu­rbüro erinnert heute ein hölzerner Pfahl an die vermuteten Ursprünge der Wasserburg: Er wurde in den 1970er Jahren gefunden und wird als Beleg für eine „Motte“aus dem 9. Jahrhunder­t, eine Pfahlburg, gewertet. In diesem ehemaligen Sumpfgebie­t an der Anger kreuzten sich zwei wichtige Handelsweg­e – solche Knotenpunk­te waren immer gut für Handels- Niederlass­ungen.

Vermutlich im 12. Jahrhunder­t wurde die erste feste Anlage errichtet, die aber bald einem Brand zum Opfer fiel. Die Namensgebe­r „Herren vom Haus“bauten eine zweite Wohnanlage, die mehrfach umgestalte­t wurde. Die rechtwinkl­ige Anlage schützte Wohnhaus samt Stallungen für Schweine, Pferde, Kühe und Schafe sowie Wirtschaft­sgebäude mit Back- und Brauhäuser­n. Auch die aus dem 16. Jahrhunder­t stammende Vorburg war ursprüngli­ch ebenfalls von Mauern und Gräben umgeben. Das markante rundbogige Portal war bis Anfang des 19. Jahrhunder­ts der einzige Zugang. Die Burg ist zwar in Privatbesi­tz, doch steht der Weg durchs Anwesen offen.

Die Heinzelmän­chen wird man vergeblich suchen. Der Sage nach soll ein Burgvogt vom Goldschatz der Helferlein erfahren haben. Er fing sie ein und kochte sie in einem Dreibeinke­ssel, um ans Geheimnis zu kommen. Doch die Wichte blieben tapfer, hielten die Klappe und machten sich nach der unfreundli­chen Behandlung aus dem Staub.

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