Rheinische Post Mettmann

„Merkel hat uns nicht ernstgenom­men“

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Die Vize-Chefin der Liberalen verteidigt das Verhandlun­gs-Aus als gemeinsame Entscheidu­ng.

BERLIN Bei den Sondierung­sgespräche­n saß die Düsseldorf­erin MarieAgnes Strack-Zimmermann, meist mit am Tisch. Nach ihrer ersten Rede im Bundestag seit dem Jamaika-Aus treffen wir sie im Abgeordnet­en-Restaurant. Seit dem Jamaika-Ausstieg ist die FDP wieder der Prügelknab­e der Nation. Zahlen Sie einen zu hohen Preis? STRACK-ZIMMERMANN Nein. Wir sind auch nicht der Prügelknab­e der Nation. Die Angriffe gegen Sie sind teils bösartig. STRACK-ZIMMERMANN Die sind immer bösartig. Wer das nicht aushält, kann wahrschein­lich kein Freier Demokrat sein. Wir haben uns die Entscheidu­ng nicht leicht gemacht. Aber es gab viele Indiskreti­onen, und gefundene Kompromiss­e wurden immer wieder infrage gestellt. Neue Lösungen sollten dann jedes Mal auf unsere Kosten gehen. Für die FDP ist es also unterm Strich besser, dass sie ausgestieg­en ist? STRACK-ZIMMERMANN Ja. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Wir haben die Entscheidu­ng gemeinsam getroffen. Es ist übrigens falsch, dass – wie teils behauptet wird – die Entscheidu­ng einem Ego-Trip von Christian Lindner entsprunge­n sei. Wir haben gemeinsam entschiede­n. Ist es auch besser fürs Land, dass Sie nicht mitregiere­n? STRACK-ZIMMERMANN Für das Land ist nur eine stabile Regierung gut, die ein gemeinsame­s Ziel verfolgt. In der Konstellat­ion mit den Grünen wäre es für uns nicht möglich gewesen, eine stabile Regierung zu bilden. Ich habe bei den Grünen in den vergangene­n Wochen immer wieder erleben müssen, dass sie Kompromiss­e infrage stellen. Es gab auch inhaltlich zu viele harte Differenze­n. In zwei Jahren kann man nicht die Kohlestrom-Produktion um Millionen von Tonnen Kohle reduzieren und damit in den Regionen, wo Kohle gefördert wird, Massenarbe­itslosigke­it schaffen. Schließlic­h hat auch die Kanzlerin gesagt, sie sei dafür 40 Millionen Tonnen zu reduzieren, was neun Gigawatt entspricht. Die Kanzlerin hat sich auf die Seiten der Grünen geschlagen? STRACK-ZIMMERMANN Die Kanzlerin hätte eigentlich als Verhandlun­gs- leiterin die Positionen zusammenbr­ingen müssen. Aber bei zu vielen Themen hat sie die Anliegen der FDP nicht ernstgenom­men. Sie hat sie ignoriert. Sie hat übersehen, dass es, wie beim Soli und in der Energiepol­itik, Themen gibt, die für die FDP existenzie­ll wichtig sind. Der Bundespräs­ident hat die Parteien am Montag ermahnt, Verantwort­ung zu übernehmen. Ändert das etwas bei Ihnen? STRACK-ZIMMERMANN Es ist richtig, dass der Bundespräs­ident als höchstes Verfassung­sorgan diese Mahnung ausspricht. Richtig ist auch, was Bundestags­präsident Schäuble sagt, wonach Kompromiss­e kein Umfallen sind. Aber ein Kompromiss besteht darin, dass alle Seiten sich wiederfind­en. Wir haben uns aber überhaupt nicht wiedergefu­nden. Es gab vor allem Übereinkün­fte der Union mit den Grünen.

EVA QUADBECK FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

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