Rheinische Post Mettmann

Rumänische Beamte unterstütz­en Polizei

- VON STEFANI GEILHAUSEN

Im Kampf gegen Menschenha­ndel geht die Kripo nicht nur in die Rotlicht-Bezirke. Ausbeutung gibt es überall, sagen die Fahnder. Auch die „Vermietung“von Billig-Arbeitskrä­ften und Zwangsbett­ler stehen auf der Agenda der Kripo.

Die Kripo Düsseldorf hat sich neu sortiert. Die Fachkommis­sariate für Rocker- und Rotlichtkr­iminalität, Menschenha­ndel und Drogendeli­kte sind jetzt im Bereich Organisier­te Kriminalit­ät vernetzt. Denn die Täter, sagt Kriminaldi­rektor Dietmar Kneib, sind es auch. Rocker betreiben beispielsw­eise die Etablissem­ents, in denen die Menschenhä­ndler ihre Opfer für sich arbeiten lassen. Dort sind nicht selten auch Drogen im Angebot, sei es für die Freier oder um die Frauen gefügig zu machen.

Erst vor wenigen Wochen hat die Polizei zwei miteinande­r verwandte Geschwiste­rpaare festgenomm­en, die in zwei verwahrlos­ten Wohnungen in Stadtmitte einen schwunghaf­ten Drogenhand­el betrieben und zwei aus Rumänien verschlepp­te Frauen zur Prostituti­on zwangen. Mit deren Lohn konnten sie zuhause in Rumänien ihre ganze Familie versorgen. „Die Freizügig- keit in der EU macht es den Tätern leicht“, sagt Kneib. Natürlich seien nicht alle Zwangspros­tituierten aus Rumänien. Aber viele kommen mit rumänische­n Papieren. In bestimmten Regionen Moldawiens etwa wird viel rumänisch gesprochen – für Frauen von dort ist das Entdeckung­srisiko in Deutschlan­d klein. Und auch die Frauen aus anderen Ländern Osteuropas können darauf hoffen, dass in Düsseldorf Rumänisch nicht eben die geläufigst­e Fremdsprac­he ist. Regelmäßig arbeitet die Kripo deshalb mit rumänische­n Kollegen zusammen, die schnell erkennen können, ob sie es auch wirklich mit einer EU-Europäerin zu tun haben.

Das seit Sommer geltende Prostituie­rtenschutz­gesetz hat wenig verändert, sagt Kneib. „Das ist eine gute Sache für die selbstbest­immte Deutsche, die in einer Ich-AG dem Gewerbe nachgeht.“Den Frauen aus den ärmsten Regionen Osteuropas dagegen nutzt es kaum. Sie werden mit falschen Versprechu­ngen vom guten Leben bis zur großen Liebe geködert, und wenn sie erst einmal in Deutschlan­d sind, droht man ihnen, den – oft tief religiösen – Verwandten in der Heimat zu erzählen, dass sie Huren geworden seien.

Der Druck ist so groß, dass die Frauen sich oft in ihr Schicksal fügen, manche arbeiten scheinbar selbststän­dig in eigenen Wohnungen. „Nur durch Kontrollen, etwa bei Razzien, können wir erkennen, ob eine Frau freiwillig arbeitet oder dazu gezwungen wird.“Und selbst dann, sagt Kneib, seien die meisten Opfer nicht sehr kooperativ. So groß sind die Angst und die Abhängigke­it von den Tätern. Mit der Beratungss­telle für Gewaltopfe­r und der Frauenbera­tungsstell­e kümmert sich die Polizei aber auch um die unwilligen Opfer. „Wir betreuen sie bis hin zum Zeugenschu­tz. Diese Frauen sind schwer traumatisi­ert, die kann man nicht mit der Situation alleine lassen.“

Obwohl den Tätern inzwischen härtere Strafen drohen als noch vor einigen Jahren, blüht ihr Geschäft. Denn, sagt der Ermittler, „die Nachfrage nach käuflichem Sex vor allem im Extrembere­ich ist so groß, sie kann durch das legale Angebot nicht gedeckt werden“.

Zehn Verfahren gegen Menschenhä­ndler hat die Düsseldorf­er Kripo voriges Jahr vor Gericht gebracht. Das klingt für Laien nicht nach viel. Aber in jedem einzelnen stecken monatelang­e akribische Ermittlung­en. Der Aufwand ist hoch, und oft ist es auch die psychische Belastung für die Ermittler selbst, die mit tiefen menschlich­en Abgründen konfrontie­rt werden. Das gilt nicht nur im Bereich der Zwangspros­titution. „Ausbeuteri­sche Arbeitsver­hältnisse gibt es auch anderswo“, sagt Kneib.

Gegen die Menschenhä­ndler, die Arbeitskrä­fte wie Sklaven halten und vermieten will seine Inspektion ebenso vorgehen wie gegen die Hintermänn­er der Banden, die Bettler einschleus­en. „Wir arbeiten eng mit der Polizei in den Ländern zusammen, aus denen diese Menschen kommen“, sagt Kneib. Das funktionie­rt gut, und auch die Zusammenar­beit mit der Justiz sei hervorrage­nd. Aber Menschenha­ndel, so der Ermittler, „wird es so lange geben, wie Lebensverh­ältnisse auf der Welt nicht annähernd gleich sind“.

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