Rheinische Post Mettmann

Fall Schmidt ist für SPD bittersüße Versuchung

- VON JAN DREBES VON MARTIN KESSLER VON MATTHIAS BEERMANN TRUMP: NEUE STRAFEN FÜR NORDKOREA, SEITE A 5

Der Ball liegt in dieser Woche für die SPD auf dem Elfmeterpu­nkt. Martin Schulz und seine Parteifreu­nde müssten nach dem törichten Vorgehen des CSU-Agrarminis­ters in Sachen Glyphosat doch nur noch schießen. Treffer garantiert, oder? Leider ist es so einfach nicht. Denn die Causa Schmidt bietet den Sozialdemo­kraten höchstens eine bittersüße Versuchung.

Einige von ihnen behaupten mit Fug und Recht, die Autorität der Kanzlerin sei angeknacks­t. Wenn es weder Merkel noch ihr Kanzleramt­schef vermochten, den Alleingang eines bisherigen Leisetrete­rs zu stoppen, muss doch was im Argen liegen in der Union. Soweit so richtig. Doch da endet auch schon der süße Teil für die SPD. Denn wenn sie jetzt den Bogen überspannt, unrealisti­sche Forderunge­n als Wiedergutm­achung in den Raum stellt oder an der Beschädigu­ng der Kanzlerin mitwirkt, könnte ihr das am Ende zum bitteren Nachteil werden. Denn im Gegensatz zu beinharten Konservati­ven war Merkel zuletzt meist auf progressiv­em Kurs. Käme es irgendwann nach dem Treffen beim Bundespräs­identen tatsächlic­h zu Sondierung­en mit der Union, könnte sich Merkel für die SPD noch als mächtige Verbündete für sozialdemo­kratische Inhalte entpuppen. BERICHT ALTMAIER WARNTE VOR GLYPHOSAT-VOTUM, TITELSEITE

EMilliarde­ngrab Stuttgart 21

s gibt gute Gründe für den neuen Bahnhof Stuttgart 21, aber auch gute dagegen. Nicht akzeptabel ist aber das zynische Spiel mit den Kosten. Wenn Bürger über ein solches Projekt entscheide­n, dürfen diese Kosten nicht schön gerechnet werden. Das ist aber vor dem letztlich bindenden Bürgervotu­m in Baden-Württember­g geschehen. Denn mögliche Kostenstei­gerungen wurden von den Befürworte­rn stets kleingered­et.

Es wird jetzt weitergeba­ut, weil alles andere verrückt wäre. Aber die Vorspiegel­ung falscher Tatsachen wird auf die Betreiber des Projekts, vor allem Bahn und Bund, zurückfall­en. Die stehen nach der erneuten (und wahrschein­lich nicht letzten) Kostenkorr­ektur als Falschspie­ler da. So gewinnt man das fehlende Vertrauen für Großprojek­te nicht zurück.

Die katastroph­ale Fehlplanun­g wirft auch andere Vorhaben der Bahn zurück – etwa den Kapazitäts­ausbau wichtiger Kölner Bahnhöfe oder die Ertüchtigu­ng regionaler Strecken in NRW. So leiden alle unter dem Missmanage­ment in Stuttgart, für das mal wieder niemand verantwort­lich sein will. BERICHT STUTTGART 21 EINE MILLIARDE TEURER, TITELSEITE

Nordkorea am Ziel

Nordkorea, das ist leider keine neue Erkenntnis, ist auf seinem Weg zur Atommacht nicht zu stoppen – es sei denn mit Waffengewa­lt. Aber vor einem neuen Koreakrieg schreckt selbst ein Donald Trump zurück. Nun verkündet das Kim-Regime nach einem erneuten Raketentes­t, es sei mit seiner Nuklearrüs­tung am Ziel. Militärisc­h gesehen ist das noch übertriebe­n. Die Diktatur hat bisher nur bewiesen, dass sie die technische­n Fähigkeite­n und die nötige Entschloss­enheit hat, um morgen die ganze Welt mit Atomwaffen zu bedrohen. Politisch gesehen könnte es aber durchaus zutreffen.

Denn Kim Jong Un verfolgt mit der Atomrüstun­g zwei strategisc­he Ziele: Zum einen hilft ihm die Bombe, seine Macht nach innen wie nach außen zu sichern. Zum anderen verschafft sie ihm ein Erpressung­spotenzial. Schon sein Vater ließ sich jedes noch so kleine Zugeständn­is mit üppiger Wirtschaft­shilfe bezahlen. Kim könnte jetzt dasselbe versuchen. Man wird mit ihm reden müssen, auch um herauszufi­nden, ob er Schlimmere­s im Schilde führt, etwa die Ausdehnung seines Regimes nach Südkorea. BERICHT

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