Fall Schmidt ist für SPD bittersüße Versuchung
Der Ball liegt in dieser Woche für die SPD auf dem Elfmeterpunkt. Martin Schulz und seine Parteifreunde müssten nach dem törichten Vorgehen des CSU-Agrarministers in Sachen Glyphosat doch nur noch schießen. Treffer garantiert, oder? Leider ist es so einfach nicht. Denn die Causa Schmidt bietet den Sozialdemokraten höchstens eine bittersüße Versuchung.
Einige von ihnen behaupten mit Fug und Recht, die Autorität der Kanzlerin sei angeknackst. Wenn es weder Merkel noch ihr Kanzleramtschef vermochten, den Alleingang eines bisherigen Leisetreters zu stoppen, muss doch was im Argen liegen in der Union. Soweit so richtig. Doch da endet auch schon der süße Teil für die SPD. Denn wenn sie jetzt den Bogen überspannt, unrealistische Forderungen als Wiedergutmachung in den Raum stellt oder an der Beschädigung der Kanzlerin mitwirkt, könnte ihr das am Ende zum bitteren Nachteil werden. Denn im Gegensatz zu beinharten Konservativen war Merkel zuletzt meist auf progressivem Kurs. Käme es irgendwann nach dem Treffen beim Bundespräsidenten tatsächlich zu Sondierungen mit der Union, könnte sich Merkel für die SPD noch als mächtige Verbündete für sozialdemokratische Inhalte entpuppen. BERICHT ALTMAIER WARNTE VOR GLYPHOSAT-VOTUM, TITELSEITE
EMilliardengrab Stuttgart 21
s gibt gute Gründe für den neuen Bahnhof Stuttgart 21, aber auch gute dagegen. Nicht akzeptabel ist aber das zynische Spiel mit den Kosten. Wenn Bürger über ein solches Projekt entscheiden, dürfen diese Kosten nicht schön gerechnet werden. Das ist aber vor dem letztlich bindenden Bürgervotum in Baden-Württemberg geschehen. Denn mögliche Kostensteigerungen wurden von den Befürwortern stets kleingeredet.
Es wird jetzt weitergebaut, weil alles andere verrückt wäre. Aber die Vorspiegelung falscher Tatsachen wird auf die Betreiber des Projekts, vor allem Bahn und Bund, zurückfallen. Die stehen nach der erneuten (und wahrscheinlich nicht letzten) Kostenkorrektur als Falschspieler da. So gewinnt man das fehlende Vertrauen für Großprojekte nicht zurück.
Die katastrophale Fehlplanung wirft auch andere Vorhaben der Bahn zurück – etwa den Kapazitätsausbau wichtiger Kölner Bahnhöfe oder die Ertüchtigung regionaler Strecken in NRW. So leiden alle unter dem Missmanagement in Stuttgart, für das mal wieder niemand verantwortlich sein will. BERICHT STUTTGART 21 EINE MILLIARDE TEURER, TITELSEITE
Nordkorea am Ziel
Nordkorea, das ist leider keine neue Erkenntnis, ist auf seinem Weg zur Atommacht nicht zu stoppen – es sei denn mit Waffengewalt. Aber vor einem neuen Koreakrieg schreckt selbst ein Donald Trump zurück. Nun verkündet das Kim-Regime nach einem erneuten Raketentest, es sei mit seiner Nuklearrüstung am Ziel. Militärisch gesehen ist das noch übertrieben. Die Diktatur hat bisher nur bewiesen, dass sie die technischen Fähigkeiten und die nötige Entschlossenheit hat, um morgen die ganze Welt mit Atomwaffen zu bedrohen. Politisch gesehen könnte es aber durchaus zutreffen.
Denn Kim Jong Un verfolgt mit der Atomrüstung zwei strategische Ziele: Zum einen hilft ihm die Bombe, seine Macht nach innen wie nach außen zu sichern. Zum anderen verschafft sie ihm ein Erpressungspotenzial. Schon sein Vater ließ sich jedes noch so kleine Zugeständnis mit üppiger Wirtschaftshilfe bezahlen. Kim könnte jetzt dasselbe versuchen. Man wird mit ihm reden müssen, auch um herauszufinden, ob er Schlimmeres im Schilde führt, etwa die Ausdehnung seines Regimes nach Südkorea. BERICHT