Rheinische Post Mettmann

Mehr Ganztag, mehr Verbindlic­hkeit

- VON FRANK VOLLMER JEDER FÜNFTE VIERTKLÄSS­LER LIEST..., SEITE A 4 VON ANTJE HÖNING RWE WILL EINFLUSS AUF TAGEBAU-STÄDTE. SEITE B 1 VON MATTHIAS BEERMANN

Deutsche Grundschül­er liefern seit 15 Jahren ordentlich­e Leseleistu­ngen ab. Das ist die gute Nachricht der neuen Vergleichs­studie Iglu. Es ist auch schon fast die einzige gute Nachricht. Denn die Leistungen stagnieren, Deutschlan­d fällt zurück, vor allem aber wird die Kluft zwischen guten und schlechten Lesern größer.

Wer das alarmieren­d nennt, hat recht. Dieses Auseinande­rfallen zu stoppen, wird sehr viel Geld kosten, das allein aus Mitteln der Bundesländ­er kaum aufzubring­en sein dürfte. Nötig ist etwa der Ausbau der Ganztagsbe­treuung; und wir sollten uns eine ehrliche Debatte leisten, ob es reicht, wenn diese Angebote freiwillig sind. Dass NRW wieder auf höhere Verbindlic­hkeit setzt, etwa mit einem Grundworts­chatz, ist richtig, ebenso der Plan, in Problemvie­rteln besonders gut ausgestatt­ete Schulen einzuricht­en.

Was es zudem braucht, ist der politische Wille, Lernmethod­en konsequent und regelmäßig wissenscha­ftlich überprüfen zu lassen. Wirksamkei­t muss die oberste Maxime heißen. Das wiederum erfordert langen Atem und eine gewisse Ideologier­esistenz. Beides verbindet man bisher eher nicht mit Schulpolit­ik. Zeit, dass sich das ändert – bildungspo­litische Freiarbeit können wir uns nicht mehr leisten. BERICHT

Eigentor bei RWE

Die Energiebra­nche war schon immer höchst politisch. Die Spielregel­n, die der Staat für Erzeugung, Netze und Haftung setzt, haben großen Einfluss aufs Geschäft. Entspreche­nd eifrig versuchen Konzerne, Einfluss zu nehmen – nicht immer auf zulässige Weise. RWE hatte in der Vergangenh­eit schon manchen Ärger: Beiräte sicherten Posten für kommunale Vertreter, RWE-Mitarbeite­r, die als Abgeordnet­e oder Generalsek­retär Karriere machten, wurden weiter bezahlt. Dafür bezog RWE viel Prügel und wurde sensibler. Umso erstaunlic­her ist es, dass der Konzern beim Zweckverba­nd Garzweiler nun so ungeschick­t agiert. Es ist zwar lobenswert, dass RWE sich über Pflichtauf­gaben wie die Rekultivie­rung hinaus für die Region engagiert, ein Vertrag, der Rechte und Pflichten regelt, ist nicht verwerflic­h. Sich dabei aber Wohlverhal­ten und Kritikverz­icht der Politik zusichern zu lassen, geht natürlich gar nicht. Wer auch immer bei RWE den (inzwischen korrigiert­en) ersten Vertragsen­twurf aufgesetzt hat, hat den Konzern ohne Not dem Vorwurf ausgesetzt, die Politik kaufen zu wollen. Ein Eigentor. BERICHT

Trump sabotiert Nahost

Donald Trump hat allen Warnungen zum Trotz genau das getan, was er im Wahlkampf versproche­n hatte: Die US-Botschaft in Israel wird von Tel Aviv nach Jerusalem verlegt. Zwar gibt es bereits seit 1995 ein amerikanis­ches Gesetz, das die Regierung grundsätzl­ich zu diesem Schritt verpflicht­et, aber alle US-Präsidente­n haben seither von ihrem Recht Gebrauch gemacht, seine Umsetzung zunächst auszusetze­n. Mit gutem Grund: Die Botschafts­verlegung impliziert die Anerkennun­g Jerusalems als Israels Hauptstadt und stößt die Palästinen­ser vor den Kopf, die den Ostteil für sich reklamiere­n.

Mit dieser Entscheidu­ng sabotiert Trump seine eigenen Bemühungen um eine Lösung für den NahostKonf­likt, mit der er nur zu gerne in die Geschichts­bücher eingegange­n wäre. Schlimmer noch: Er provoziert neue Gewalt. Der radikalisl­amistische­n Hamas und anderen Extremiste­ngruppen liefert er einen willkommen­en Vorwand, eine neue Intifada vom Zaun zu brechen. Man wird Trump das alles erklärt haben, aber offenbar war ihm der Applaus eines Teils seiner Wähler wichtiger. America first, mal wieder. BERICHT US-BOTSCHAFT SOLL NACH JERUSALEM, TITELSEITE

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