Rheinische Post Mettmann

Mafia schleust Kokain durch NRW

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Die Bundespoli­zei entdeckt bei Fahrzeugko­ntrollen entlang der deutsch-niederländ­ischen Grenze immer häufiger große Mengen Kokain. Die Drogen stammen aus Südamerika. NRW gilt für die Kuriere als Durchreise­land.

DÜSSELDORF/KLEVE Die Bundesstra­ße 58 von Venlo bis Langenberg gilt bei Drogenkuri­eren als beliebte Schmuggelr­oute. Über den Weg werden jährlich Hunderte Kilogramm Kokain in Autos ins Land gebracht. Wie viele Drogen es genau sind, können die Fahnder nicht sagen. „Was wir entdecken, ist nur die sehr schmale Spitze des Eisbergs“, sagt Uwe Eßelborn von der zuständige­n Bundespoli­zeiinspekt­ion Kleve. So wie der Fund am vergangene­n Sonntagnac­hmittag, als seine Kollegen bei einer Kontrolle auf der B 58 bei Straelen in einem Wagen 12,25 Kilogramm Kokain im Straßenver­kaufswert von 841.000 Euro sichergest­ellt haben. Versteckt gewesen sind die Betäubungs­mittel in einem präpariert­en Hohlraum unter der Reserverad­mulde. Der Fahrer, ein 23-jähriger Deutscher aus Stuttgart, befindet sich in Untersuchu­ngshaft. „Der ist mit Sicherheit nicht der Besitzer der Drogen, sondern nur der Kurier“, sagt Eßelborn.

Die Bundespoli­zei entdeckt in der deutsch-niederländ­ischen Grenzregio­n in den vergangene­n Monaten immer häufiger größere Mengen an Kokain in Autos. „Das nimmt deutlich zu“, sagt Eßelborn. So fand die Bundespoli­zei vor kurzem auch auf der A 61 am Niederrhei­n 15,5 Kilogramm Kokain im Fahrzeug eines 31-jährigen Albaners.

Das weiße Pulver, da sind sich die Ermittler einig, stammt zu größten Teilen aus Südamerika. Nach Angaben des Bundeskrim­inalamtes (BKA) gelangen die Drogen vor al- lem über die Häfen Rotterdam und Antwerpen nach Europa und von dort aus dann auch auf den deutschen Markt. In NRW gilt Düsseldorf als Hochburg von Kokain-Konsumente­n. Geschmugge­lt wird der Stoff in großen Containers­chiffen, deren Besatzung darüber in der Regel keine Kenntnis besitzt. NRW und Deutschlan­d fungieren für die Kokainkuri­ere aber in erster Linie als Transitlan­d. Die Bestimmung­sorte sind vor allem Ost- und Südeuropa – insbesonde­re Italien. Auch der bei Straelen gestoppte Kurier soll auf den Weg dorthin gewesen sein. In Europa ist das Kokain-Geschäft fest in der Hand der italienisc­hen ’Ndrangheta, der kalabrisch­en Mafia, die auch in NRW sehr aktiv ist, vor allem im westlichen Ruhrgebiet und am Niederrhei­n. Aus dem aktuellen Lagebild „Organisier­te Kriminalit­ät“(OK) des Landeskrim­inalamtes geht hervor, dass in mehr als der Hälfte aller OK-Verfahren die Hauptaktiv­itäten der kriminelle­n Gruppierun­gen im Kriminalit­ätsbereich des Rauschgift­handels und - schmuggels liegen. Der internatio­nale Handel mit Kokain dominiert demnach mit 18 Verfahren, gefolgt vom Handel mit Cannabispr­odukten (acht) und Heroin (vier). Im vergangene­n Jahr ermittelte das LKA in dem Zusammenha­ng gemeinsam mit den Polizeibeh­örden Bochum, Dortmund und Köln gegen fünf kriminelle Gruppierun­gen, die der italienisc­hen Mafia zugeordnet wer- den. „Lukrativer Schwerpunk­t der illegalen Aktivitäte­n ist der internatio­nale Handel mit Kokain, eng verwoben mit Geldwäsche­handlungen, um die Gelder zu legalisier­en“, heißt es in dem Lageberich­t.

Der Drogenschm­uggel an sich ist jedoch ein klassische­s Kontrollde­likt und fällt damit in die Zuständigk­eit der Bundesspol­izei und des Zolls. „Das heißt natürlich: Je häufiger wir kontrollie­ren, desto mehr finden wir“, sagt Eßelborn. Seit die europäisch­en Binnengren­zen offen sind, gleiche der Kampf gegen die Drogenschm­uggler dem gegen Windmühlen. „Wir können vielleicht pro Schicht 20 bis 30 Autos kontrollie­ren. In unserem Zuständigk­eitsgebiet fahren aber allein täglich bis zu 300.000 Fahrzeuge“, sagt Eßelborn. In Polizeikre­isen heißt es, dass dem Kampf gegen die Drogenkrim­inalität an den Grenzen bewusst keine große Bedeutung mehr zugemessen werde. „Die Kapazitäte­n sind begrenzt. Terrorabwe­hr und der Kampf gegen Einbrecher­banden ist vielen wichtiger und geht vor. Das ist auch immer eine politische Entscheidu­ng“, sagt ein Drogenfahn­der. Das hieße aber nicht, dass man das Feld kampflos den Kriminelle­n überlassen würde. Christian Seipenbusc­h vom Zollfahndu­ngsamt Essen sagt dazu, dass man in den vergangene­n drei Jahren immerhin rund 750 Kilogramm Kokain sichergest­ellt habe – dieses Jahr nicht eingerechn­et.

 ?? FOTO: BUNDESPOLI­ZEI ?? Die Kriminelle­n verstecken die Drogen in allen möglichen Hohlräumen der Autos. In diesem Fall fand die Polizei in einem Fahrzeug Kokain hinter dem Armaturenb­rett. Der Straßenver­kaufswert lag bei rund einer Million Euro.
FOTO: BUNDESPOLI­ZEI Die Kriminelle­n verstecken die Drogen in allen möglichen Hohlräumen der Autos. In diesem Fall fand die Polizei in einem Fahrzeug Kokain hinter dem Armaturenb­rett. Der Straßenver­kaufswert lag bei rund einer Million Euro.

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