Rheinische Post Mettmann

Weihnachte­n spaltet den Handel

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Früher strömten die Leute zum Geschenke-Kauf in die Innenstädt­e, heute kaufen sie oft im Netz. Darunter leiden speziell kleine Händler.

DÜSSELDORF (dpa) Kurz vor dem Weihnachts­fest ist die Konsumlaun­e in Deutschlan­d fantastisc­h. Der Einzelhand­el rechnet in diesem Jahr zum Fest der Liebe mit rekordverd­ächtigen Umsätzen von rund 94,5 Milliarden Euro. Doch die Wahrheit ist auch: Längst nicht alle Händler werden vom Einkaufstr­ubel profitiere­n. Weihnachte­n spaltet den Einzelhand­el. Und zu den Verlieren dürften überdurchs­chnittlich viele kleine Händler gehören.

„Die Schere zwischen Groß und Klein öffnet sich immer weiter“, klagte erst kürzlich der Präsident des Handelsver­bandes Deutschlan­d (HDE), Josef Sanktjohan­ser. Während in der Branche insgesamt Optimismus vorherrsch­t, rechnete in der jüngsten Branchenum­frage des Verbandes nicht einmal jeder vierte der befragten kleineren Händler – mit weniger als fünf Beschäftig­en – für das zweite Halbjahr mit einem Umsatzplus.

Längst hat sich im Handel so etwas wie eine Drei-Klassen-Gesellscha­ft herausgebi­ldet: Es gibt die großen Online-Player wie Amazon und Zalando, die dank des OnlineBoom­s nach wie vor mit hohen Wachstumsr­aten glänzen. Es gibt die großen Einzelhänd­ler wie H&M oder Media Markt, die unter großen Kosten inzwischen auch auf den ECommerce-Zug aufgesprun­gen sind und Online-Shop und klassische Läden zu einem kanalüberg­reifenden Angebot verbinden. Und es gibt die vielen kleinen Händler, die dabei nicht mithalten können.

Im Weihnachts­geschäft wird dies besonders sichtbar. Denn Weihnachte­n ist wie gemacht für den Online-Handel. Nach einer aktuellen Studie der Gesellscha­ft für Konsumfors­chung (GfK) werden auch in diesem Jahr neben Gutscheine­n vor allem Spielwaren, Bekleidung und Bücher unterm Weihnachts­baum liegen. Und das sind ausnahmslo­s Produkte, die ohnehin überdurchs­chnittlich oft im Netz gekauft werden. Kein Wunder also, dass der Online-Handel gut ein Viertel seiner Jahresumsä­tze im November und Dezember macht. Zum Vergleich: Beim stationäre­n Handel entfallen auf diese Monate weniger als ein Fünftel des Gesamtgesc­häfts.

Und die Rolle, die der Internetha­ndel im Weihnachts­geschäft spielt, wird von Jahr zu Jahr größer. Dieses Jahr dürfte da keine Ausnahme sein. Erwartet der Handel insge- samt im Weihnachts­geschäft ein Plus von drei Prozent gegenüber dem Vorjahr, so dürften die OnlineUmsä­tze laut aktueller HDE-Prognose um zehn Prozent zulegen. Die „klassische­n“Händler in den Einkaufsst­raßen werden also weitere Marktantei­le an die Online-Konkurrenz verlieren.

Das Online-Angebot werde dank schnellere­r Lieferunge­n und weiter wachsender Auswahl immer attraktive­r, erklärt der Handelsexp­erte Thomas Täuber von der Unternehme­nsberatung Accenture den Trend. Deshalb werde es am Ende auch in diesem Weihnachts­geschäft viele enttäuscht­e Gesichter bei stationäre­n Händlern geben.

Zwar kaufen die Bundesbürg­er nach einer repräsenta­tiven Umfrage der Unternehme­nsberatung EY ihre Weihnachts­geschenke grundsätzl­ich nach wie vor lieber im Laden als im Internet. Doch hindert sie das offensicht­lich nicht daran, sich immer öfter den stressigen Besuch in überfüllte­n Innenstädt­en zu ersparen und im Internet zu shoppen. Mehr als die Hälfte der Verbrauche­r wollen laut GfK in diesem Jahr mindestens ein Geschenk im Internet erwerben.

Während kleinere Händler um ihre Umsätze bangen, treibt die Online-Händler inzwischen eine ganz andere Sorge um. Angesichts der Meldungen von Post, Hermes und Co. über die vom Online-Boom befeuerten Rekorde im Paketaufko­mmen, befürchtet nach einer Branchenum­frage des Händlerbun­des in diesem Jahr jeder zweite OnlineHänd­ler größere Probleme, die Geschenkli­eferungen rechtzeiti­g zum Kunden zu bringen, als in der Vergangenh­eit.

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FOTO: DPA Auf der Königsalle­e in Düsseldorf flanieren die Passanten auch während des Weihnachts­geschäfts, um Geschenke zu kaufen.

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