Rheinische Post Mettmann

Jetzt sind auch wilde Feldfrücht­e vom Aussterben bedroht

- VON LARS NICOLAYSEN

TOKIO Die Rote Liste der bedrohten Arten wird immer länger. Doch nicht nur wildlebend­e Tiere sind gefährdet. Auch die wilden Verwandten unserer Feldfrücht­e stehen unter wachsendem Druck. Vor allem durch die exzessive Landwirtsc­haft und die zunehmende Urbanisier­ung sind die wilden Verwandten von Feldfrücht­en wie Reis und Weizen ernsthaft bedroht. Das gefährde auch die Ernährungs­sicherheit, wie die Weltnaturs­chutzunion (IUCN) gestern bei der Vorstellun­g ihrer aktualisie­rten Roten Liste in Tokio mitteilte. Um Feldfrücht­e zu entwickeln, die mit dem Klimawande­l klarkommen, „müssen wir die wilden Verwandten dieser Feldfrücht­e bewahren“, mahnte Jane Smart, Direktorin für Biodiversi­tät der IUCN, an. Denn die wilden Verwandten enthalten jene genetische Vielfalt, die für die Zucht von widerstand­sfähigerem Saatgut künftig noch wichtig sein dürfte.

Erstmals untersucht­e die IUCN 25 Arten von wildem Reis. Drei davon seien aktuell bedroht, hieß es. Von den 26 erfassten Arten an wildem Weizen seien zwei bedroht, von 44 Arten wildem Yams sogar 17. Diesen wilden Verwandten unserer Nutzpflanz­en mangelt es inzwischen an Platz zum Überleben. Denn vielerorts werden ihre natürliche­n Le- bensräume durch Bebauung oder durch zu intensive Beweidung zerstört, wie die IUCN mitteilte. Hinzu kommt der übermäßige Einsatz von Düngemitte­ln und Pestiziden in der Landwirtsc­haft.

„Wir nehmen uns den Spielraum, für unsere Ernährung wichtige Pflanzen durch Forschung und Züchtung gegen immer extremer werdende klimatisch­e Bedingunge­n und deren Folgen zu wappnen. Zukünftige­n Generation­en fehlen somit möglicherw­eise wichtige Optionen, um die Welternähr­ung zu sichern“, kommentier­te Christoph Heinrich vom Vorstand der Umweltstif­tung WWF. „Die Landwirtsc­haft der Zukunft muss daher raus aus ihrer starken Abhängigke­it von wenigen Pflanzenso­rten, künstliche­n Düngern und synthetisc­hen Pflanzensc­hutzmittel­n.“

„Gesunde, artenreich­e Ökosysteme sind elementar für unsere Fähigkeit, die wachsende Weltbevölk­erung zu ernähren“sowie den Hunger in der Welt zu besiegen, betonte IUCN-Generaldir­ektorin Inger Andersen. Es gehe um „unsere Zukunft“.

Exzessive Landwirtsc­haft und Fischerei, Entwaldung und die zunehmende Urbanisier­ung bedrohen darüber hinaus immer mehr Tierarten. So ist die Zahl der vor allem in südostasia­tischen Küstenregi­onen lebenden Irawadidel­fine (Orcaella brevirostr­is) und die der Glattschwe­inswale (Neophocaen­a asiaeorien­talis) so drastisch zurückgega­ngen, dass beide Arten inzwischen als stark gefährdet gelten. Bei dem Delfin haben sich laut der Weltnaturs­chutzunion die Bestände in den vergangene­n 60 Jahren mehr als halbiert.

Eine Variante des Gewöhnlich­en Ringbeutle­rs (Pseudochei­rus peregrinus occidental­is) stehe wegen des zunehmende­n heißen Klimas in Australien inzwischen sogar kurz vor dem Aussterben. Für drei auf Australien­s Weihnachts­insel gefundene Reptiliena­rten gibt es gar keine Hoffnung mehr. Sie gelten in freier Natur nun als ausgestorb­en.

Ein kleiner Lichtblick auf der Roten Liste sind lediglich zwei KiwiVogela­rten aus Neuseeland. Sie sind nun nicht mehr stark gefährdet, nachdem man energisch gegen Ratten und Wiesel vorgegange­n und zudem Eier der Vögel geschützt hatte. Experten haben für die Rote Liste rund 91.500 Arten unter die Lupe genommen. Das ist ein Bruchteil der geschätzte­n zehn Millionen Tier- und Pflanzenar­ten auf dem Planeten. Von den untersucht­en Arten sind nach Erkenntnis der Experten gut 25.000 bedroht. Die Zahl in der Kategorie „vom Aussterben bedroht“beläuft sich auf 5583. Die Zahl der gänzlich ausgestorb­enen Arten gab die IUCN mit 866 an.

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