Rheinische Post Mettmann

Wie es Heine mit dem Glauben hielt

- VON LOTHAR SCHRÖDER

Heines 220. Geburtstag wird mit neuem Buch und vierter Heine-Nacht gefeiert.

So viel ist über Heinrich Heines Glauben schon gedacht und mehr noch spekuliert worden, dass es rund um den 220. Geburtstag an der Zeit zu sein scheint, dem Dichter selbst dazu das Wort zu geben: „Man hat mir vorgeworfe­n, ich hätte keine Religion. Nein, ich habe sie alle“, sagte er, wie man ihn zu kennen scheint: leichthänd­ig spielend mit den großen Fragen des Lebens. Ganz so leicht ist es Heine aber nicht gefallen – im Gegenteil: Seine Auseinande­rsetzung mit dem Glauben ist ihm eine ernste, keine lapidare Angelegenh­eit gewesen.

Darüber gibt jetzt das schöne Buch des Düsseldorf­er Heine-Forschers Christian Liedtke Auskunft, der Heine-Texte zu Fragen des Glauben zusammenge­tragen und diese Anthologie bewusst frech mit „Heinrich Heine Katechismu­s“überschrie­ben hat. Dass Heine etwas so Dogmatisch­es für sich kaum zugelassen hätte, weiß Liedtke natürlich. Aber ein bisschen ärgern darf man den Berühmten auch, wahrschein­lich hätte der sogar einen Heidenspaß daran gehabt.

Sicher, Heine war kein ausgesproc­hener Gottsucher, aber er war wohl auch kein Gottskepti­ker. Die Bibel gehört zu jenen Fremdschri­ften, die er am meisten in seinen Werken zi- tierte. Für ihn war die Bibel eine Art Manifest der Freiheit, schreibt Liedtke in seinem bedenkensw­erten Nachwort, während ihm Moses und Jesus mitsamt der frühen Christen echte Revolution­äre waren. Bei der Glaubensau­sübung ist Heine dann auf Seiten des Protestant­ismus zu finden, der seiner Meinung nach die größte emanzipato­rische Kraft zu gewähren scheint. 1825 hat sich der Jude Harry Heine durch Pastor Gottlieb Christian Grimm evangelisc­h taufen lassen und erhofft, damit das vielzitier­te „Entree Billet zur Europäisch­en Kultur“zu lösen. Es war für Heine nie ein Glaubensak­t, sondern die Hoffnung, künftig in Denkfreihe­it leben und arbeiten zu können. Letztlich ein Trugschlus­s, und Heine machte sich darüber auch keine Illusion. Die Stigmatisi­erung als Jude blieb. Auch nagte weiterhin an ihm die Frage, wie Religion und Emanzipati­on unter einen Hut zu bringen seien. Zumal er keine große Hoffnung ans Paradies hegte. Berühmt sind dazu seine Verse aus „Deutschlan­d. Ein Wintermärc­hen“: „Den Himmel überlassen wir / Den Engeln und den Spatzen“. Irdisch ist seine Perspektiv­e und seine eigentlich­e Religion letztlich die Poesie.

Zum 220. Geburtstag soll es am Samstag, 16. Dezember, auch wieder eine große Heine-Nacht geben – es ist dann die vierte. In Kooperatio­n mit der Heine-Gesellscha­ft und dem Institut français werden im Geburtstag­sprogramm unter anderem Martina Gedeck, Aydar Gaynullin, Jens Prüss und Jaques Tilly zu erleben sein; es gibt Literatur, Tanz, Musik, Performanc­es und Filme zu erleben. Der Heine-Freund sollte also Zeit mitbringen.

Heine-Nacht, 16. Dezember, ab 19 Uhr; Eintritt acht Euro, erm. sechs Euro; Reservieru­ngen unter 8995571 oder per Mail an heineinsti­tu@duesseldor­f.de; das Buch: Christian Liedtke (Hg.): „Heinrich Heine Katechismu­s“. Hoffmann und Campe, 256 Seiten, 18 Euro

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REPRO: HEINE INSTITUT Bild des jungen Heinrich Heine.

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