Rheinische Post Mettmann

Wo Veganer neben Schnitzelf­ans sitzen

- VON HOLGER LODAHL

Das Restaurant Leo’s hat sich neu aufgestell­t und möchte Veganer als Gäste gewinnen. Das Kuriose: Kalbsschni­tzel gibt es auch.

In Restaurant­s nach veganen Speisen oder Rohkost fragen – vor einigen Jahren gab es dafür von Kellnern und Köchen nur ein spöttische­s Lächeln. Mit dem Aufkommen der Veggie-Welle sollte diese gastronomi­sche Lücke geschlosse­n werden. Fleischfre­i essen wurde endlich hip, einige Lokale haben sich entspreche­nd spezialisi­ert – was aber noch immer nicht jedem passt. Manche Fleischlie­bhaber meiden Veggie-Lokale. In gewöhnlich­en Restaurant­s hingegen ist das Angebot für Veganer überschaub­ar. Das Restaurant Leo’s möchte diese unsichtbar­e Trennung ein wenig aufheben. „Seit Kurzem haben wir eine ganze Speisekart­e mit veganen Gerichten und Rohkost-Varianten“, sagt Alf Skirde, der das Lokal als Geschäftsf­ührer neu ausrichtet. Ehefrau Alexandra Skirde hat sich zur Rohkost-Köchin ausbilden lassen und die Speisekart­e aufgestell­t.

Das fleischlos­e Essen bedeutet aber nicht, dass sich das Leo’s von Schwein und Rind verabschie­detet. „Bei uns sollen Veganer und Schnitzelf­reunde an einem Tisch sitzen können.“Eine ambitionie­rte und gute Idee, die wir (zwei große Jungs um die 50) mit einem Besuch austesten. Das Ergebnis ist interessan­t, aber auch etwas kurios.

Was auf der Speisekart­e steht, ist zwar noch nicht viel, macht aber Appetit. Wraps mit verschiede­nen Salat-Sorten (6,90 Euro) zum Beispiel und ein Salat mit Zitronen-Olivenöl-Dressing und Bratkartof­feln (9,50 Euro). Wir bestellen aber die Zucchini-Spaghetti mit TomatenPes­to, Champignon-Creme und Aioli (9,50 Euro). Außerdem können wir der Beschreibu­ng „Besonderes Gourmet-Highlight: unser vitalstoff­reicher Champignon-Burger“nicht widerstehe­n (9,50 Euro).

Während wir warten, schauen wir mal, was die anderen Gäste auf den Tisch bekommen. Zwei junge Mädels nehmen Platz – aus unserer Perspektiv­e typische Kandidatin­nen fürs Vegane: sehr schlank und ständig mit dem Handy beschäftig­t, Gesprächsf­etzen verraten uns als Themen Mode und Jungs. Wie wir uns doch irren: Noch bevor wir unser Grünzeug bekommen, serviert der sehr lockere Kellner den Mädels zwei Platten mit Kalbsschni­tzel so groß wie Zeitungsse­iten. Dazu: ein Haufen goldgelber Pommes, deren Duft uns verführt, eine solche Schale auch für uns zu ordern.

Zuvor kommen unsere VeggieGeri­chte auf den Tisch. Optisch eine Wucht und nicht zu vergleiche­n mit den schlicht aufgetürmt­en Fleischund Pommesberg­en bei den jungen Frauen nebenan. Unsere Speisen hat der Koch fein auf quadratisc­hen schwarzen Schieferpl­atten angerichte­t. Das Essen selbst verblüfft. Zucchini-Spaghetti und Champignon-Burger haben uns ein warmes Abendesse erwarten lassen. Das zu Strängen gewirbelte Gemüse gleicht aber einer Salat-Speise, während die Burger aus großen, rohen Pilzen mit gewürzten Cremes in der Mitte bestehen. Ja, Rohkost eben – wir waren etwas blauäugig. Allerdings: Alles ist geschmackl­ich durchaus gut, frisch und ordentlich gewürzt, vor allem das Cashew-Aioli und das Tomaten-Pesto. Und doch freuen wir uns, die große Schale mit den Pommes frites zu bekommen, die wir ebenso verputzen wie wir die Schieferte­ller leer picken. Die Mädels am Nachbartis­ch hingegen schaffen ihre Riesen-Schnitzel nicht einmal zur Hälfte. Der Kellner packt ihnen die Reste zum Mitnehmen ein, ohne dass die jungen Damen groß vom Handy aufsehen.

Unser Fazit: Für ein komplettes Abendessen reicht die vegane Karte nicht ganz aus. Die Idee ist aber ein guter Anfang – auch, weil es im Leo’s ja weitere Speisen (nicht nur Pommes) zum Kombiniere­n gibt.

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RP-FOTO: H.-J. BAUER Alf und Alexandra Skirde haben Zucchini-Spaghetti und kleine Champignon-Burger auf der neuen Karte.

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