Rheinische Post Mettmann

INTERVIEW PAUL „SIDO“WÜRDIG „Wir wurden Zigeunerpa­ck genannt“

- FOTO: DPA

Der Rapper mit den Sinti-Wurzeln redet im Interview über Antizigani­smus, sein Familienle­ben und Rap für Erwachsene.

BERLIN (dpa) Die Hochzeit mit seiner Frau Charlotte, mit der er zwei Kinder hat, hat ihn verändert. „Ich bin ein Familienme­nsch“, sagt der Berliner Rapper Paul „Sido“Würdig. Im Film „Eine Braut kommt selten allein“(Das Erste, 20.15 Uhr) spielt er nun den Hartz-IV-Empfänger Johnny. Dessen Leben ändert sich schlagarti­g, als er die attraktive Romni Sophia trifft. Die quartiert kurzerhand ihre Familie bei ihm ein. Für Sido, der selbst Sinti-Wurzeln hat, war der Dreh eine „Herzensang­elegenheit“. Was ist Ihre Filmfigur für ein Typ? WÜRDIG Ein Verlierer. Sein Problem ist das Kiffen. Manche Menschen werden dadurch antriebslo­s. Johnny ist einer davon. Und er kann verdammt schlecht Nein sagen. Fällt Ihnen das privat auch schwer? WÜRDIG Nee, im Gegenteil: Ich kann sehr gut abwägen, was gut und was schlecht für mich ist. Dass ich eine ganze Roma-Familie bei mir einquartie­re, kann mir nicht passieren (lacht). Aber sehr wahrschein­lich würde ich ihnen meine Hilfe anbieten. Der Film behandelt das Leben von Sinti und Roma in Deutschlan­d. Wurden Sie schon einmal diskrimini­ert? WÜRDIG Ich selbst nicht. Ich bin ja ziemlich hellhäutig geraten. Aber meine Mutter wurde früher wegen ihrer dunklen Hautfarbe als „Neger“oder „Kanake“beschimpft. Als wir ins Märkische Viertel zogen, änderte sich das. Dort wohnten viele Migranten. Alle steckten in derselben Lage. Und heute? WÜRDIG Seit wir im Berliner Randbezirk wohnen, hören wir es wieder häufiger. Dort ist man noch nicht so auf „fremde Menschen“eingestell­t. Vor einiger Zeit bekamen wir einen Brief, in dem wir als „Zigeunerpa­ck“ betitelt wurden. Mir ist das egal. Aber meiner Mutter geht das sehr nahe. Wird Antizigani­smus Ihrer Meinung nach in Deutschlan­d ausreichen­d thematisie­rt? WÜRDIG Ich denke, es wird zu wenig über Diskrimini­erung von Sinti und Roma gesprochen. Das ist eine Randgruppe der Randgruppe­n, die sehr wenig Aufmerksam­keit bekommt. Wie halten Sie privat die Balance zwischen Job und Familienle­ben? WÜRDIG Ich teile mir das gut ein. Ich arbeite gerne und bin fleißig. Aber ich nehme mir auch sehr viel Zeit für die Familie. Hat sich das bei Ihnen mit den Kindern verändert? WÜRDIG Meinen ersten Sohn hatte ich ja schon mit 19. Ich denke eher,

Mit Sido ist es irgendwann eh vorbei. Und dann höre ich von alleine auf zu singen. Ich werde dem Ruhm nicht hinterherr­ennen. Fühlen Sie sich zu alt für Rap? WÜRDIG Es gibt auch einen HipHop, den wir Älteren machen können. Aber er muss erwachsene­r sein, nachdenkli­cher. Rappen kann man immer. Man muss sich nur selbst treu bleiben.

A. C. BÜCKMANN STELLTE DIE FRAGEN.

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In „Eine Braut kommt selten allein“muss Johnny (Paul Würdig) eine schnelle Entscheidu­ng treffen. Die Braut (Michelle Barthel) ist von ihrer Hochzeit geflüchtet und bitte ihn um Asyl. Für Würdig war der Dreh eine „Herzensang­elegenheit.“

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