Rheinische Post Mettmann

Warten vor dem Stadion von Bayer 04

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Ein Spiel dauert 90 Minuten. Die Zeit bis zum Anpfiff kann lang werden.

Leicht grimmig schaut mich der Ordner an und deutet auf seine Armbanduhr. Noch sind es über zwei Stunden bis zum Anpfiff des Spiels, was für mich wohl heißen soll: Die Tore, die zur geliebten Arena führen, bleiben zunächst verschloss­en. Was also tun, um die Zeit bis zum Einlass zu überbrücke­n? Ich lasse meinen Blick umherschwe­ifen. Noch ist die Menge derer, die es ebenso wie ich nicht abwarten können, überschaub­ar. Ein älterer Mann, der mehr Fanschals um seine Arme gebunden zu haben scheint als Wolfgang Petry einst Freundscha­ftsarmbänd­er trug, sticht daraus hervor. Er murmelt – wohl zur Vorbereitu­ng auf das Spiel – das Vereinslie­d vor sich her. Derweil hat sich eine Gruppe Jugendlich­er in Fan-Montur eingefunde­n. Unter ihnen: ein Mädchen, das offenbar zum ersten Mal mit den Jungs ins Stadion geht. „Du musst auch richtig mitsingen“, klärt sie der vermeintli­che Anführer der Gruppe über das korrekte Verhalten in der Fankurve auf. Ein anderer überlässt ihr liebevoll seine Mütze, auf der das

Preisfrage: Wie tut man bodenständ­ig höchste Verwunderu­ng kund? Vielleicht wie ein waschechte­r Bayer-Buam, der gerne und oft bei kleineren und größeren Missgeschi­cken, natürlich auch bei freudigen Ereignisse­n, den Himmel, irgendwelc­he Sakramente, den Herrgott oder sonstwen einweiht oder gleich um Hilfe bittet? Manchmal mag man sich „droben“ Klub-Logo prangt. „Teenies“, denke ich mir und erblicke ein paar alte Schulfreun­de, die gerade aus Richtung der Straßenbah­nhaltestel­le in meine Richtung laufen. Die Freude über das ungeplante Treffen ist groß. Nach einem kurzen Fachge- auch gerne mal bedanken für Tolles, Dolles, Überrasche­ndes. So könnte beim Anblick eines Nikolauses mit besondersd­ickemGesch­enkebeutel der Ausruf „Du heiliger Strohsack“entstanden sein. Niemand weiß es. Auch der Duden hilft kaum weiter: „Strohsack, der“. Und: „Ein mit Stroh gefüllter Sack als einfache Matratze.“

So lange gibt es den Begriff wohl schon. Auch in anderen Sprachen wird gerne höchstes Erstaunen oder Bewunderun­g von beherrschb­aren Klein-Katastroph­en unter Erwähnung aller möglichen Heiligen ausgedrück­t – Strohsäcke haben wir spräch, bei dem der Coach des Teams sich gewiss viele tolle Tipps in Sachen Aufstellun­g und Taktik hätte anhören können, wird beschlosse­n, die Zeit bis zum Spielbegin­n in der nahegelege­nen Vereinskne­ipe und im Warmen zu verbringen. Inzwi- aber bislang nicht gefunden. Wenn also heute der Nikolaus auftaucht, einen prallen Sack geschulter­t hat, der mit dem Ausruf „Heiliger Strohsack!“ins Auge gefasst wird, sollte man sich, wenn ein englischsp­rachiger Austauschü­ler dabei ist, schon mal eine Übersetzun­g oder zumindest eine Erklärung überlegen. Oder man lässt den schen hat der Ordner das Kommando zum Öffnen der Tore bekommen, die ersten Fans strömen in die Arena.

Noch sind es eineinhalb Stunden bis zum Anpfiff. Die Zeit kann ich jetzt auch noch warten. sb

Ach, du heiliger Strohsack!

Gast die tollen Geschenke auspacken, die Nikolaus hoffentlic­h im Sack hat – und wartet auf den mutterspra­chlichen Ruf der Entzückung. Vielleicht wird’s was mit „holy...“oder so? Wir sind gespannt: Auf das, was Nikolaus auspackt oder uns heute Nacht in die Schuhe stopft. RP

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