Zitterpartie für Schulz
So schonungslos mit der eigenen Rolle und dem Wahlergebnis seiner Partei ist ein SPDChef noch nie umgegangen. Das ehrt Martin Schulz. Er hat nicht um das Desaster der SPD herumgeredet. Solche Klarheit ist auch nötig, um eine tief verunsicherte Partei wieder aufzurichten. Freilich geschieht es aus einer Position der Schwäche heraus, und das kann Schulz nicht leugnen – trotz der Zustimmung des Parteitags für den Leitantrag des Parteivorstands und trotz seines am Ende ganz ordentlichen Wahlergebnisses.
Immerhin hat er jetzt eine Basis, um die gefährlichste Kehrtwende seiner Partei seit 1945 einzuleiten. Auf diesem Weg muss er weitergehen, aller früheren Fehler zum Trotz. Schulz hat die Themen für eine mögliche Zusammenarbeit mit der Union gesetzt – Europapolitik, Digitalisierung, zentralistische Bildungspolitik, Mietpreisbremse, Umweltpolitik, Gesundheitssystem, Abwehr des Rechtspopulismus. Nun ist es an ihm, den Ball wieder ins Feld der Union zu schießen. Es wird sich dann zeigen, ob genügend Gemeinsamkeiten für ein Bündnis vorhanden sind. Wenn Schulz das gut löst, hat er trotz der aktuellen Misere die Chance, länger die SPD zu führen und womöglich Vizekanzler einer großen Koalition zu werden. BERICHT SPD STIMMT FÜR GESPRÄCHE . . ., TITELSEITE
Trump trampelt
Donald Trump macht Politik gerne mit der Brechstange. Das funktioniert schon in der amerikanischen Innenpolitik nur mit sehr mäßigem Erfolg, in der Außenpolitik ist es sogar gefährlich. Auf diesem Feld folgt der US-Präsident der Maxime: Weg mit diplomatischen Konventionen! So etwas könnte durchaus positiv wirken, wenn Trump neue Pfade eben nicht stets wie ein rücksichtsloser Elefant in die Landschaft trampeln würde.
Es ist ja richtig, dass im Fall Jerusalems von Israel längst Fakten geschaffen wurden, die kaum noch rückgängig zu machen sind. Die Aussichten der Palästinenser, ihre Vorstellungen am Verhandlungstisch durchzusetzen, sind so schlecht wie noch nie. Daran ändern auch alle UN-Resolutionen und Boykott-Aufrufe gegen Israel nichts. Das haben die arabischen Regierungen, denen ein informelles Bündnis mit Israel gegen den Iran längst wichtiger ist als die Palästinenserfrage, eingesehen. Sie drängen die Palästinenserführung zu schmerzhaften Zugeständnissen. Trump hätte diesen Prozess als Vermittler begleiten können. Aber das ist offenbar nicht sein Ding. BERICHT PROTESTE GEGEN JERUSALEM-ENTSCHEIDUNG, TITELSEITE
Fehlender Respekt
Man könnte es sich einfach machen und bei der Politik die Schuld dafür suchen, dass bei General Electric und Siemens in der Energiesparte massiv Stellen gestrichen werden. Schließlich hat sie die Energiewende auf den Weg gebracht, die verhindert, das weitere konventionelle Kraftwerke gebaut werden. Und genau so hört sich auch das an, was vonseiten des GE-Managements gestern als Begründung herangezogen wurde. Ein solcher Vorwurf greift aber zu kurz. Schließlich verdient die GE-Energiesparte immer noch gutes Geld.
Das Management macht in Sachen Kommunikation keine gute Figur. Nur wenige Tage vor Weihnachten zwei komplette Standorte zur Disposition zu stellen und 1600 Menschen anzukündigen, dass sie bald ohne Job dastehen, lässt jegliches Feingefühl vermissen. Zu begrüßen ist, dass sich GE offenbar einem Verkauf des Werks in Gladbach nicht verschließt. Den ehemaligen Alstom-Beschäftigten, die ohnehin nie wirklich im GE-Konzern angekommen sind, bleibt zu wünschen, dass sich ein neuer Investor findet, der sie wertschätzt und weiterbeschäftigt. BERICHT