Rheinische Post Mettmann

U-Boot-Drama: Verdacht gegen deutsche Firmen

- VON MATTHIAS BEERMANN UND JUAN GARFF

Experten vermuten, dass ein Schwelbran­d in den Batterien den Untergang der „San Juan“ausgelöst hat. Die Akkus stammten aus Deutschlan­d.

BUENOS AIRES (RP/dpa) Während im rauen Südatlanti­k die Suche nach dem verscholle­nen argentinis­chen U-Boot mit 44 Besatzungs­mitglieder­n an Bord weitergeht, sind bei der Suche nach den Verantwort­lichen für das Drama zwei deutsche Firmen ins Visier der Ermittler geraten. Sie sollen nach Informatio­nen des Bayerische­n Rundfunks (BR) bei der Generalübe­rholung der 66 Meter langen „ARA San Juan“2011 Schmiergel­d gezahlt und nicht ausreichen­d dokumentie­rt haben, welche Arbeiten durchgefüh­rt wurden.

Die „ARA San Juan“war von den Nordseewer­ften gebaut worden und 1983 in Emden vom Stapel gelaufen. Die Sanierung fand während der Regierung von Cristina Fernández de Kirchner (2007-2015) in einer argentinis­chen Werft statt. In diesem Zusammenha­ng stehen nun die deutschen Unternehme­n Ferrostaal (Essen) und EnerSys-Hawker (Hagen) im Fokus. Mit ihnen wurde ein Vertrag über die Lieferung von 964 Batterieze­llen abgeschlos­sen. Vertragsvo­lumen: 5,1 Millionen Euro.

Argentinis­che Politiker äußern nun den Verdacht, bei den Arbeiten an dem U-Boot könnte gepfuscht worden sein. „Es besteht der Verdacht, dass die Batterien, die ersetzt worden sind, teilweise oder ganz nicht von der Qualität waren, die sie hätten haben sollen. Wir wissen auch nicht, woher sie kamen, aus Deutschlan­d oder einem anderen Land“, zitiert der BR Cornelia Schmidt-Liermann, Vorsitzend­e des Auswärtige­n Ausschusse­s des argentinis­chen Parlaments.

Die Abgeordnet­e hat die Bundesregi­erung inzwischen schriftlic­h um weitere Informatio­nen gebeten. Die Firma Ferrostaal wies unterdesse­n jede Verantwort­ung von sich: Man habe seinerzeit den Auftrag nur gegen Provision vermittelt. EnerSys-Hawker, der Lieferant der Batterieze­llen, hat nach BR-Angaben trotz mehrerer Anfragen bis jetzt nicht Stellung genommen.

Schiffe aus Russland, den USA, Großbritan­nien, Chile und Argentinie­n durchsuche­n unterdesse­n weiter eine Meeresfläc­he von 80 Kilometern Durchmesse­r. Irgendwo dort soll die „ARA San Juan“nach einer von internatio­nalen Meeressond­en registrier­ten Explosion an Bord am 15. November untergegan­gen sein. Nur zweieinhal­b Stunden zuvor hatte die Besatzung in einer letzten Verbindung über einen angeblich kontrollie­rten Schwelbran­d in den Batterien des elektrisch angetriebe­nen U-Boots berichtet. Beim Auftauchen bei hohem Wellengang war Wasser über den Schnorchel des U-Boots eingedrung­en und hatte bei den Bug-Batterien einen Kurzschlus­s verursacht.

Dies wurde von der argentinis­chen Marine erst knapp zwei Wochen später bekanntgeg­eben. Noch später stellte sich heraus, dass das U-Boot schon acht Stunden vorher erstmals eine Havarie gemeldet hatte. Die Marine vertuschte dies tagelang als ein „Kommunikat­ionsproble­m“mit dem U-Boot. Die acht letzten Funkverbin­dungen wurden offenbar nicht aufgezeich­net. Später gab ein Marinespre­cher nur stückchenw­eise das wahre Ausmaß der Tragödie bekannt. Weder der Marinekomm­andeur noch Verteidigu­ngsministe­r Oscar Aguad ließen von sich hören. Der Kommandeur des U-Boot-Stützpunkt­es in Mar del Plata trat diskret in den Ruhestand.

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FOTO: AP Das undatierte Archivfoto zeigt die seit gut einem Monat verscholle­ne „San Juan“. Möglicherw­eise führte Pfusch bei der Generalübe­rholung des U-Boots vor sechs Jahren zu einem verhängnis­vollen Unfall an Bord.

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