Rheinische Post Mettmann

Wintereinb­ruch in Köln

- VON PATRICK SCHERER

Der 1. FC Köln bekommt das Kunststück fertig, eine 3:0-Führung gegen den SC Freiburg zu verspielen – am Ende steht es 3:4. Der Klassenerh­alt verkommt nach diesem Erlebnis und Ergebnis immer mehr zum kühnen Traum. Der Vorstand gesteht gegenüber den Fans Fehler ein.

KÖLN Schneechao­s, verspätete­r Spielbegin­n, Niederlage nach 3:0Führung. Was sich den Zuschauern gestern in Köln darbot, war alles andere als ein normaler Bundesliga­sonntag. „Mir fehlen die Worte“, sagte Kölns Abwehrspie­ler Dominique Heintz. „Das ist der absolute Tiefpunkt der vergangene­n Wochen.“Das 3:4 gegen den SC Freiburg – da reichte ein Blick in die Gesichter – ist für den 1. FC Köln der härteste aller Nackenschl­äge der jüngeren Vergangenh­eit. Nach nun 15 Spielen ohne Sieg, nur drei Punkten und zwölf Zählern Abstand auf den Relegation­splatz scheint der letzte Funken Hoffnung auf den Klassenerh­alt erloschen.

Bis zur 90. Minute hatte Köln noch mit 3:2 geführt, dann drehten die Breisgauer durch zwei von Nils Petersen verwandelt­e Elfmeter die Partie. FC-Interimstr­ainer Stefan Ruthenbeck sagte: „Nach dem 3:3 haben wir auf Sieg gespielt und wurden ausgekonte­rt. 3:3 oder 3:4 ist uns relativ egal.“Zu Sehrou Guirassy, der vor dem zweiten Strafstoß den Ball überaus plump mit der Hand gespielt hatte, sagte Ruthenbeck nichts. Dafür attackiert­e er Salih Özcan, der den ersten Strafstoß an Nicolas Höfler verursacht hatte: „Es war ein junger Spieler. Er war zu wild, zu gierig. Er wird das lernen, aber in dieser Phase musst du einfach liefern.“

Doch Köln lieferte nur in den ersten 30 Spielminut­en. Die Hausher- ren stellten sich schneller auf die erschwerte­n Bedingunge­n ein als die Gäste. Heftiger Schneefall sorgte sowohl für eine halbstündi­ge Verspätung als auch für einen sehr rutschigen Untergrund. Mit Profifußba­ll hatte die erste Halbzeit wenig zu tun. Schiedsric­hter Robert Kampka unterstric­h diesen Eindruck in der 16. Minute. Der Mainzer hatte gerade auf Strafstoß für den FC entschiede­n, als Guirassy sich auf die Suche nach dem Elfmeterpu­nkt unter der Schneedeck­e machte. Auch Kampka wurde nicht fündig. Die Lösung: Der Unparteiis­che schritt die elf Meter in guter, alter Bolzplatzm­anier von der Torlinie aus ab – zur Erheiterun­g der Kölner Fans. Die hatten bis zu diesem Zeitpunkt ohnehin Spaß. Ruthenbeck hatte Rechtsvert­eidiger Lukas Klünter im Sturm aufgeboten. Der schnelle und wendige Klünter hatte mit dem Schnee die wenigsten Probleme und brachte den FC nach schönem Pass von Milos Jojic früh in Führung. Nach dem 2:0 durch den Guirassy-Strafstoß unterlief dem Freiburger Caleb Stanko ein Eigentor. 3:0 nach 29 Minuten. Alles deutete auf den ersten Saisonsieg hin.

Doch mit dem Schnee schmolz auch das Selbstvert­rauen der Kölner. Noch vor der Pause drosch Petersen – völlig alleine gelassen – eine Freistoßfl­anke volley zum Anschlusst­reffer ins Tor. So richtig begann das Drama aber erst nach dem Seitenwech­sel. Guirassy verarbeite­te einen der nun häufig geschlagen­en langen Bälle hervorrage­nd, vergaß aber präzise abzuschlie­ßen. „Wir verpassen das 4:1, und dann kippt das Spiel“, analysiert­e Ruthenbeck treffend.

Nach dieser Chance verweigert­e sich das Kölner Team konsequent jeglicher Offensivbe­mühung und überließ Freiburg Ball und Spielfreud­e. Als Janik Haberer knapp eine halbe Stunde vor Abpfiff zum 2:3 traf, verfielen Kölner Team und Anhänger in einen kollektive­n Angstzusta­nd. „Die vielen Verletzten und die Dreifachbe­lastung der Kölner haben uns natürlich in die Karten gespielt“, sagte Freiburgs Trainer Christian Streich.

Kölns Torhüter Timo Horn rettete mehrfach, bei beiden Elfmetern war er aber machtlos. Die Handschuhe von sich werfend und laut schimpfend verließ Horn das Feld. Sprechen wollte er nicht. Der FC-Vorstand um Werner Spinner und Toni Schumacher, der von den Fans per Spruchband und Gesängen zum Rücktritt aufgeforde­rt wurde, gestand später am Abend in einem Offenen Brief an die Fans Fehler ein, lehnte aber einen Rücktritt ab.

Am Mittwoch geht es für die Kölner zum FC Bayern.

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FOTO: IMAGO Der Anfang vom Ende für Köln: Freiburgs Nils Petersen (links außerhalb des Bildes) verkürzt für die Gäste auf 1:3.

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