Auf Kopf gestellt
Seit 44 Jahren darf ich wählen. Immer habe ich die Stimme der Partei gegeben, von der ich mich am besten vertreten fühlte, und hoffte, diese stellt die Regierung bzw. kann daran teilhaben. Verwundert muss ich jetzt feststellen, dass die SPD diesen Grundsatz auf den Kopf stellt. Gefolgt von der FDP, die doch neue Experimente wagen wollte. Zukünftig sollten die Wahlzettel dahingehend geändert werden, dass man weiß, ob die betreffende Partei regieren oder in die Opposition gehen möchte. Parteien macht weiter so, letztendlich seid ihr die Steigbügelhalter für rechte Parteien. Aber ich vergaß, in unserem Land herrscht ja die soziale Kälte, es gibt keine Sozialhilfe, keine Kitas, keine medizinische Versorgung, kein Bildungssystem, die Wirtschaft ist zusammengebrochen – da brauchen wir keine Regierung mehr, Opposition reicht. Volker Suchomel Düsseldorf Ich meine: Das tut uns und unserer Demokratie gut! Ja, alle demokratischen Parteien müssen nun miteinander reden und Lösungen finden. Die aber müssen nicht in einer Koalition liegen. Eine Minderheitsregierung, gerne auch nach inhaltlich vereinbarten Eckpunkten toleriert, gäbe endlich wieder eine Chance: Unterschiedliche Ziele über den besten Weg würden intensiv debattiert. Wir alle hätten die Gelegenheit, unsere Parteien und ihre Vorstellungen intensiv zu erleben. Das darf uns unser hohes Gut der Demokratie wert sein, auch wenn eine solche Regierung nicht vier Jahre halten sollte. Jetzt ist eine gute Stunde der Demokratie! Nutzen wir sie! Angelika Pick Düsseldorf Nachdem unser Bundespräsident Herrn Martin Schulz wohl eine kleine, dezente Lehrstunde in Sachen staatsbürgerlichen Verhaltens in Sachen Regierungsbildung erteilt hat, ist zu hören, der SPD-Bundesvorstand wolle die Parteibasis befragen. Der einerseits verständliche, bitter nötige, nochmals bekräftigte Wille, in der Opposition die Partei zu revitalisieren, personell neu aufzustellen, andererseits aber ihrer staatspolitischen Pflicht gerecht zu werden, kann in meinen Augen nur in einer gesicherten, abgesprochenen Tolerierung einer schwarz-grünen Minderheitsregierung gelingen. Damit wäre beiden Seiten gedient. Das passt „Mutti“zwar nicht, aber da wird sich unsere Kanzlerin mal fügen müssen. Sollte es aber doch Neuwahlen geben, wird der FDP ihr Verhalten, so befürchte ich, noch massiv auf die Füße fallen. Klaus Berghoff Duisburg