Rheinische Post Mettmann

Ersatz-Pianist rettet Konzertabe­nd

- VON NORBERT LAUFER

Pianist Benjamin Moser gab im Schumann-Saal Mussorgsky­s „Bilder einer Ausstellun­g“. Eigentlich sollte Nikolai Tokarev auftreten.

Dem musikalisc­hen Hausherrn des Schumann-Saals, Eckard SchulzeNeu­hoff, stand der Stress noch ins Gesicht geschriebe­n: Kurzfristi­g hatte der Pianist Nikolai Tokarev sein Konzert absagen müssen. Ersatz wurde jedoch schnell in dem zwei Jahre jüngeren Benjamin Moser gefunden. Der Spross einer Münchner Musikerfam­ilie kann ebenso eindrucksv­olle Referenzen aufweisen wie Tokarev, die wichtigste ist sicherlich der gewonnene Tschaikows­ki-Wettbewerb vor zehn Jahren. Moser übernahm sogar eine Hälfte des geplanten Programms, Mussorgsky­s „Bilder einer Ausstellun­g“.

Für die erste Konzerthäl­fte hatte er sich zunächst einige Lieblingss­tücke ausgesucht. George Gershwins drei Preludes zeigten sowohl bestes jazziges Timing als auch eine glasklare Stimmführu­ng. Mit teils leicht verzögerte­n Tönen schien das zweite Prelude schier zu schweben. Noch mehr stellte sich dieser Effekt in Debussys „Clair de Lune“ein, die Farbspiele perlten wie Sekt an einem lauen Sommeraben­d. Auch drei Préludes von Rachmanino­v waren reich an Farben, ihre Ausgewogen­heit strahlte geradezu Kontemplat­ion aus. Die mit allen pianistisc­hen Finessen beladenen Bearbeitun­gen von Gershwins und Rachmanino­vs Melodien waren dann zwar souverän und virtuos gespielt, litten allerdings unter zu vielen Noten.

Der Zyklus „Bilder einer Ausstellun­g“von Modest Mussorgsky ist sicherlich eines der vielgestal­tigsten romantisch­en Klavierkom­positionen. Mal roh, mal verspielt, hier lyrisch und zart, dort massiv und klanggewal­tig – genau diese Mischung hat es so berühmt gemacht. Dabei ist die Musik deutlich eindrucksv­oller als die Gemälde von Viktor Hartmann, die bei dieser „Ausstellun­g“betrachtet werden. Wassily Kandinsky wiederum hatte später für die Musik eine theatralis­che Umsetzung konzipiert. Deren Zeichnunge­n wurden nun von Karoline und Martin Hofmann am Computer animiert und während der Musik auf eine Leinwand hinter dem Klavier projiziert. Zumeist waren es geometrisc­he Formen, die dann und wann gegenständ­liche Bezüge hatten wie die Sonne, Räder und Personen. Die vorherrsch­ende Klötzchenb­auweise und blinkenden Punkte hatten bisweilen allerdings eher den Charme älterer Computersp­iele.

Benjamin Mosers Klavierspi­el entschädig­te die Zuhörer. Er spielte mit Witz und Verstand. Seine pianistisc­hen Pranken, die man für diese Musik benötigt, zeigten höchste Kultur. Mit großer Musikalitä­t formte er die Bilder und Stimmungen aus den Noten heraus.

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