Rheinische Post Mettmann

Kulturvill­a feiert die Papierthea­ter-Kunst

- VON HANNA EISENBART

METTMANN Es war schon eine besondere Stimmung in der Kulturvill­a: Thomas Hupfer, freiberufl­icher Schauspiel­er und Regisseur aus Köln, las aus dem Roman „Die Buddenbroo­ks“von Thomas Mann und Peter Schauerte-Lüke spielte mit den Figuren im Papierthea­ter oder übernahm die Rolle von Christian Buddenbroo­k, dem Schlawiner der Familie. Sein Papierthea­ter war einzigarti­g in Deutschlan­d und lange Zeit auf Schloss Burg zu Hause. Heute geht der Schauspiel­er und Sänger mit seinem Papierthea­ter auf Reisen. Doch zurück zu den Buddenbroo­ks: Die feine Kaufmannsf­amilie aus Lübeck bereitet sich auf das Weihnachts­fest vor, das von einem Ritual bestimmt wird, das der verstorben­e Konsul noch festgelegt hatte. Hanno, der Enkel der Konsulin, erlebt pochenden Herzens das Nahen des Festes, die Drehorgel aus den Nachbarstr­aßen tönt herein und die Konsulin empfängt ihre Gästeschar.

Die Chorknaben des Mariendoms sind angetreten, den Heiligen Abend musikalisc­h zu gestalten: Tochter Zion. Doch Christian, der etwas aus der Art geschlagen­e Sohn, der sich gerne in Bars aufhielt, fehlte. „Ach, ich hätte Weihnachte­n bei- nahe vergessen“, so schmuggelt­e er sich doch noch in das Familienfe­st.

Hanno, voller Erwartung, ob seine Wünsche auch in Erfüllung gehen würden, war zuvor zum ersten Mal im Theater. Und was stand auf dem festlich gedeckten Gabentisch: ein Papierthea­ter, das Peter Schauerte-Lüke in der Kulturvill­a mit voll tönender Stimme zum Leben erweckte: dritter Akt aus Fidelio – die berühmte Szene im Kerker, Leonore, Jubelchor. Und ein großer Holzkasten, der sich als Harmonium herausstel­lte. Hanno war entzückt.

Die deutlich kleineren Gabentisch­e waren für das Personal gedeckt. Das Defilee an der Krippe, das Tischgebet, Karpfen, Puter, Käse und Butter füllten Zeit und Mägen. Und Christian haut ab und geht in den Club.

„Wer kennt die Folgen von schwedisch­em Punsch?“– Christian war zurück, – peinlich. „Nun freut euch, liebe Christenge­mein.“

Es war ein Genuss, diese Familiensa­ga in Ausschnitt­en in der Kulturvill­a Mettmann wieder erleben zu können und die beiden Schauspiel­er vermochten die Attitüden der langsam verfallend­en großbürger­lichen Gesellscha­ft des ausgehende­n 19. Jahrhunder­ts bestens wiederzuge­ben. Viel Beifall für die Akteure.

Newspapers in German

Newspapers from Germany