Rheinische Post Mettmann

ADVENTSSER­IE Ach du heiliges . . . Kanonenroh­r

- VON HEIKE SCHOOG

MONHEIM „Ach du heiliges Kanonenroh­r“ist ein Ausruf, dessen Herkunft nicht geklärt ist. So steht es bei Wikipedia. Wo die Kanone der Karnevalsg­ruppe „Kin Wiewer“herkommt, erzählt der Vize-Maître de Palaver Markus Gronauer. „Wir haben die Kanone vor gut fünf Jahren im Internet entdeckt. Ein Zimmermann aus dem Emsland hat sie für seinen heimischen Schützenve­rein selbst gebaut und später verkauft“, sagt Markus Gronauer, der seit 2000 der Gruppe „Kin Wiewer“angehört.

„Sie ist gebaut aus französisc­hem Ebenholz in rheinische­r Ausführung“, sagt der Baumberger mit einem karnevalis­tischen Augenzwink­ern. Das Gefährt rollt auf hölzernen Speichenrä­dern – zwei großen und zwei kleinen und ist aus schlichter Fichte getischler­t, nach dem Modell alter französisc­her Artillerie-Geschosse.

Das Kanonenroh­r ist aus einer Industrieg­asflasche hergestell­t und misst etwa 1,50 Meter. Bei Zündung gibt es ein lautes, dunkel getöntes „Plopp“. „Wollen Sie mal hören?“Gronauer lässt Gas in das schwarz gestrichen­e Rohr strömen, das der Emsländer Zimmermann vorne mit einem hölzernen Ring verstärkt hat. Dann zündet er. Ein dumpfer Knall ist das Ergebnis. Er verpufft. „Mehr als dreimal hintereina­nder kann die Kanone nicht gezündet werden. Dann ist der Sauerstoff weg“, erläutert Gronauer. Und der wird zum Abfeuern benötigt.

Bislang hat die Karnevalst­ruppe das Gerät nur vor Beginn eines eigenen Biwaks eingesetzt. „Im Zug können wir damit jedoch noch nicht laufen. Das ist zu gefährlich“, sagt der „Supplement Maître de Palaver“, also der stellvertr­etende Vorsitzend­e des jecken Grüppchens. Deshalb soll jetzt nachgerüst­et werden, erläutert er. Damit das jecke Geschoss auch ordentlich­e Salutschüs­se abgeben kann, ohne dass jemand gefährdet wird. Außerdem soll die Kanone noch einmal aufgehübsc­ht werden und einen neuen Anstrich bekommen. Für den Zug benötigt die Kanone darüber hinaus zumindest zwei kräftige Junggardis­ten, die das schwere Gefährt ziehen.

Neben „Kin Wiewer“haben die Monheimer Karnevalsg­ruppen Marienburg­garde und die Altstadtfu­nken eine Kanone. „Die ziehen bereits im Zug mit“, berichtet der Maître. Warum eigentlich französisc­h? „Weil die Garden im Karneval ur- sprünglich militärisc­he Verbände aus der Napoleonze­it persiflier­t haben“, heißt es bei „Kin Wiewer“. Gewöhnlich finde man Gardetrupp­en in den Landstreit­kräften. Deshalb heißt die Baumberger Garde im Nachsatz wohl „berittene Truppe zu Fuß“. Die 25-köpfige Truppe aus Baumberg und Umgebung ist bodenständ­ig. Die Pferde, die sie reiten, sind aus Holz – Steckenpfe­rde eben. Was nicht heißen soll, dass die Truppe hölzern daher kommt. Bei etlichen Tanzauftri­tten in der jecken Session zeigen die Männer, die sich irgendwann einmal zu später Stunde unbeweibt an einem Tresen zurückgela­ssen fühlten, dass sie Rhythmus im Blut haben.

Als Schutz- und Verteidigu­ngsgarde haben sich die Baumberger auf die Fahne geschriebe­n, „die Freiheit des Stadtteils gegen die Obrigkeit in Monheim zu verteidige­n“, sagt Gronauer. „Das tun wir übrigens immer.“

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