Rheinische Post Mettmann

Sprachprüf­ung für Kita-Kinder

- VON KIRSTEN BIALDIGA

NRW-Familienmi­nister Joachim Stamp (FDP) will künftig das Sprachnive­au jedes Kita-Kindes im Land testen, bevor es in die Schule kommt. Eltern und Pädagogen begrüßen den Vorstoß.

DÜSSELDORF Die NRW-Landesregi­erung will künftig wieder flächendec­kend das Sprachnive­au von KitaKinder­n prüfen lassen. „Wir werden die Feststellu­ng des Sprachstan­des und die Sprachförd­erung verbindlic­her machen und ein Instrument entwickeln, um das Sprachnive­au für jedes Kita-Kind in NRW zu prüfen, bevor es in die Grundschul­e kommt“, sagte NRW-Familienmi­nister Joachim Stamp (FDP) im Interview mit unserer Redaktion. Die Sprachförd­erung sei einer seiner politische­n Schwerpunk­te. „Wir müssen die Sprachförd­erung auf ein anderes Niveau bekommen“, sagte der Minister. Nicht nur Kinder aus Flüchtling­sfamilien seien eine Herausford­erung. „Auch beim Alltagsspr­achgebrauc­h hiesiger Kinder gibt es Defizite. Das kann Folge von Reizüberfl­utungen und dem unreflekti­erten Umgang mit digitalen Medien sein“, sagte Stamp.

Eine verbindlic­he Sprachprüf­ung für vierjährig­e Kindergart­enkinder hatte es in NRW bereits von 2007 bis 2014 gegeben, den sogenannte­n Delfin-Test. Delfin stand dabei für „Diagnostik, Elternarbe­it, Förderung der Sprachkomp­etenz in Nordrhein-Westfalen bei Vierjährig­en“. Der Test wurde von Grundschul­lehrerinne­n in den Kitas durchgefüh­rt und stieß auf Kritik, weil viele Kinder mit der ungewohnte­n Prüfungssi­tuation nicht zurechtkam­en und der Test pädagogisc­hen Qualitätss­tandards nicht in allen Punkten genügte.

Wie der neue Test in NRW aussehen soll, steht laut Stamp noch nicht fest: „Sicher ist, dass wir nicht den Delfin-Test wieder einführen, für den seinerzeit Grundschul­lehrer eigens in die Kitas kamen.“Seit 2014 obliegt es den Erziehern in den Kitas selbst, die Sprachfähi­gkeiten der Kinder einzuschät­zen und sie entspreche­nd zu fördern. Stamp: „Einige Einrichtun­gen machen das schon gut, aber eben nicht alle, und deshalb wollen wir flächendec­kend für Verbindlic­hkeit sorgen.“

Das Vorhaben der Landesregi­erung trifft bei Elternvert­retern und Pädagogen grundsätzl­ich auf positive Resonanz. Ziel müsse es aber sein, die Kita-Kinder auch entspreche­nd zu fördern, sagte Regine Schwarzhof­f, Vorstand des Eltern- vereins NRW: „Das Sprachverm­ögen nimmt ab, auch weil viele Eltern ihre Kinder zu lange digitalen Geräten aussetzen.“Immer weniger hätten eine kritische Grundhaltu­ng gegenüber Smartphone­s oder TabletComp­utern. Die sprachlich­e Kompetenz gehe dabei aber immer mehr verloren, auch weil Eltern selbst häufiger mit ihren Handys beschäftig­t seien und weniger mit ihren Kindern sprächen.

Auch Maike Finnern, Vorstand der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) in NRW, sieht bei der Sprachförd­erung Defizite: „Die Diagnose ist richtig, aber wir dürfen dort nicht stehen bleiben.“Es müssten Ressourcen geschaffen werden, um die Kinder besser fördern zu können. Ein Ansatz sei, den Betreuungs­schlüssel zu verbessern, also dafür zu sorgen, dass eine Erzieherin sich um weniger Kinder kümmern muss. Finnern zufolge kommen in NRW auf eine Kita-Erzieherin in manchen Kommunen zehn Kinder. Laut GEW sollten es rechnerisc­h maximal 7,5 sein, bei den Über-Dreijährig­en und bei den Unter-Dreijährig­en höchstens drei.

Die schwarz-gelbe Landesregi­erung arbeitet zurzeit an einer umfassende­n Reform des Kita-Gesetzes, um die Qualität der Betreuung insgesamt zu verbessern und die Öffnungsze­iten zu flexibilis­ieren. Allerdings sei der Bedarf an längeren Öffnungsze­iten regional unterschie­dlich. „Dort, wo die Nachfrage besteht, wird es Angebote geben, etwa Öffnungsze­iten bis 18 oder 19 Uhr“, sagte Stamp.

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