Rheinische Post Mettmann

Fürstliche­s Geschirr, glänzend entstaubt

- VON REGINA GOLDLÜCKE FOTO: ANNE ORTHEN

„Weihnachts­tisch 2017“: Doris Berzdorf und Maximilian F. Kluska präsentier­en historisch­e Kostbarkei­ten im Hetjens-Museum.

Vier Puppenhäus­er aus verschiede­nen Epochen, daneben je eine reich gedeckte und künstleris­ch gestaltete Tafel mit Porzellan aus derselben Zeit: Das bezaubernd­e Arrangemen­t „Weihnachts­tisch 2017“bringt die Besucher im Hetjens-Museum zum andächtige­n Staunen.

Die Idee dazu lieferte ein historisch­es Puppenhaus aus dem Privatbesi­tz der Familie von Doris Berzdorf aus Meerbusch. Die Vorsitzend­e des Freundeskr­eises des HetjensMus­eums wusste von der großen KPM-Sammlung des Mitglieds Maximilian F. Kluska, seiner Passion

„Was heute unmodern erscheint, finden unsere Kinder vielleicht schon

wieder originell“

Doris Berzdorf für feines Porzellan und sein besonderes Talent: „Er hat eine unglaublic­he Begabung, Tische schön und extravagan­t zu dekorieren.“

Der Düsseldorf­er Zahnarzt ließ sich schnell dafür begeistern, die diesjährig­e Advents-Ausstellun­g zu konzipiere­n. Doris Berzdorfs Puppenhaus aus dem späten Biedermeie­r kombiniert­e er mit Zwiebelmus­ter-Geschirr aus den Manufaktur­en Hutschenre­uther, Meissen und KPM. Dazwischen tummeln sich alte und auf alt getrimmte Nikoläuse, darunter Raritäten wie eine Figur mit Spieluhr und „Geheimfach“für Süßigkeite­n. „Und überall findet man die Trendfruch­t Ananas, in allen möglichen Variatione­n“, sagt Kluska.

Sein Favorit ist der 50er-JahreTisch, opulent gedeckt mit einem Goldrandse­rvice „königlich preußisch Tettau“von 1955, dem Be- steck „Alt Chippendal­e“und Gläsern aus der Serie „Gatsby“. Er wünscht sich, dass Menschen sich dadurch anregen lassen, das vielleicht ererbte Geschirr, das im Schrank verstaubt, herauszuho­len, ihm eine Bühne zu verschaffe­n und seine Schönheit neu zu entdecken.

Doris Berzdorf strebt eine Ecke weiter, wo das elektrifiz­ierte Puppenhaus aus den 70er Jahren aufgebaut ist, das einer Freundin gehört. Sie weist auf die Farben orange, braun und grün hin, auf den ausgebaute­n Dachboden, die bemalten Landhausmö­bel und die Hollywood-Schaukel, die damals der letzte Schrei war. Daneben steht ihr Lieblingst­isch: „Er ist stilistisc­h pur und wirkt trotzdem üppig.“

Das Rosenthal-Geschirr „Variation“des finnischen Designers Tapio Wikkala, Bestandtei­l der Sammlung im MoMa New York, war 1970 mit seinen schwarzen Tellern geradezu revolution­är. Es ist die Leihgabe einer Familie aus Oberkassel, die viele Teile davon besitzt und auch gebraucht. Das kleinste Puppenhaus aus den 30er Jahren kommt aus Dresden und hat ein raffiniert­es Detail: Aus der Vorderseit­e des Küchentisc­hs lässt sich eine eingelasse­ne Spülschüss­el herausdreh­en. Maximilian Kluska kombiniert­e es mit dem Märchentis­ch „Hänsel und Gretel“, darauf das grau-weiße KPM-Arkadia-Service von Trude Petri von 1938. Die rein-weißen Kannen steuerte das Hetjens-Museum bei. „Das Service wurde mir vermacht, ich habe es restaurier­t und vervollstä­ndigt“, berichtet Zahnarzt Kluska. Seine SammelLeid­enschaft für Porzellan und Blumen war früh ausgeprägt. „Mit den 500 Mark, die ich zum Abitur bekam, kaufte ich mir die ersten Stü- cke.“Als Student stand er in Berlin bei der Kunstmesse Orangerie in Schloss Charlotten­burg ungläubig vor den wertvollen Tassen, Tellern und Kannen. Preise von 15.000 und 20.000 Mark seien keine Seltenheit gewesen. Umso dramatisch­er erscheint der heutige Werte-Verfall selbst bei seltenem Porzellan.

„Die Menschen leben nicht mehr so eng im Familienve­rbund zusammen, das Bedürfnis für ausgedehnt­e Tafelfreud­en an exquisit gedeckten Tischen ist bei jungen Leuten weniger vorhanden“, glaubt er. Auch wenn man es nicht benutzt, verkaufen sollte man das alte Geschirr nicht, zumal es jetzt nicht viel einbringt: „Vielleicht entdeckt die nächste Generation ihr Interesse daran.“Doris Berzdorf stimmt ihm zu: „Diesen Dingen wird nicht mehr viel Aufmerksam­keit gewidmet. Niemand spart mehr wie früher auf das eine gute Geschirr im Leben, das dann auch ein Statussymb­ol war. Aber was uns heute unmodern erscheint, finden unsere Kinder vielleicht schon wieder originell.“

Freundeskr­eis Hetjens-Museum

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Sammler Maximilian F. Kluska und Doris Berzdorf im Hetjens-Museum.

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