Rheinische Post Mettmann

Langenfeld – 13 Jahre seiner Zeit voraus

- VON STEPHAN MEISEL

Nach der hiesigen Entschuldu­ngsuhr hat es auch die Bundesuhr geschafft: Sie geht rückwärts.

LANGENFELD Im Jahr 2004 war Langenfeld seiner Zeit 13 Jahre voraus. Als Gegenstück zur Schuldenuh­r des Bundes der Steuerzahl­er (BdSt) ließ der damalige Bürgermeis­ter Magnus Staehler am Rathaus eine Entschuldu­ngsuhr anbringen. Die Digitalanz­eige zeigte an, wie Langenfeld­s Verschuldu­ng schmolz. Denn seit 1986, dem Gipfel der Verschuldu­ng der Stadt, schrumpfte­n die roten Zahlen – bis hin zur Komplett-Entschuldu­ng Langenfeld­s 2008. Und jetzt, 13 Jahre nach Enthüllung der Entschuldu­ngsuhr, dies: Nachdem die Schuldenuh­r des Steuerzahl­erbundes, die die gesamtstaa­tlichen Miesen in Deutschlan­d anzeigt, immer nur vorwärts tickte, wird sie in ihrer 22-jährigen Geschichte nun erstmals rückwärts laufen – und zwar um 78 Euro pro Sekunde. Das hat BdSt-Präsident Reiner Holznagel jetzt mitgeteilt.

Dieser sekündlich­e Schuldenab­bau in Deutschlan­d ergibt sich nach Angaben Holznagels überwiegen­d aus den aktuellen Haushaltsp­länen der 16 Bundesländ­er für das Jahr 2018. „Bis vor wenigen Jahren steckten Bund und Länder noch tief in der Schuldenfa­lle. Diese Politik zu Lasten der jüngeren Generation­en ist erfreulich­erweise erstmal gestoppt. Das ist auch ein Erfolg des Bundes der Steuerzahl­er und seiner Schuldenuh­r!“Seit 1995 macht sie mit ihren großen roten Ziffern das Ausmaß der öffentlich­en Verschuldu­ng für Bürger und Politik transparen­t.

Die Finanzsitu­ation „plastisch greifbar und allgemein verständli­ch machen“sollte nach Staehlers Worten auch die Langenfeld­er Entschuldu­ngsuhr. „An sich war das nur als Marketingg­ag gedacht“, schrieb der damalige Bürgermeis­ter in seinem 2008 erschienen­en Buch „1-2-3 schuldenfr­ei“. Doch habe die Stadt damit bundesweit enorme Aufmerksam­keit erregt. „Plötzlich wurde auf einem Gebiet, das traditione­ll Schimpf und Schande einfuhr, etwas Neues und obendrein Positives verkündet. Wir machten die Finanz- situation unserer Stadt sekündlich öffentlich – eine eher unkonventi­onelle Handlungsw­eise.“Nachdem durch einen Sparkurs, eine auf Einnahmen abzielende Standortpo­litik und Wirtschaft­sförderung sowie die Einbindung von Ehrenamtle­rn in öffentlich­e Aufgaben die Pro-KopfSchuld­en von 788 Euro (1986) innerhalb von 20 Jahren auf 100 Euro verringert waren, erwarben bei einem zweitägige­n U100-Fest im November 2006 sogar fast 400 Bürger für jeweils 99,99 Euro den mit Spenden-Zertifikat versehenen Titel „schuldenfr­eier Langenfeld­er“. An Stelle der 2008 ausgedient­en Entschuldu­ngsuhr wurde am Rathaus eine Multi-Funktions-Tafel installier­t, die seither Uhrzeit, Temperatur und städtische Termine anzeigt.

Die Entschuldu­ngsuhr selbst ging auf Reisen, kam laut Rathausspr­echer Andreas Voss nacheinand­er in Grevenbroi­ch, in Würselen und im österreich­ischen Linz zum Einsatz. Seit einiger Zeit ist sie wieder zurück in Langenfeld, wo sie im Depot des Stadtarchi­vs im Freiherr-vomStein-Haus verwahrt wird.

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RP-ARCHIVFOTO: UD Ein gesicherte­s Fenster lässt sich nicht so leicht öffnen.

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